Im Zweifel Zahlung an den Insolvenzverwalter erbringen

Im Zweifel Zahlung an den Insolvenzverwalter erbringen
16.10.2013589 Mal gelesen
Bezahlt der Auftraggeber des insolventen Bauunternehmers dem Insolvenzverwalter die offene Forderung, obwohl derselbe die Werklohnforderung freigegeben hat, was dem Auftraggeber unbekannt ist, muss dieser nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht nochmals zahlen.

Wenn man an ein Unternehmen seine Schulden bezahlt und nicht weis, dass über das Vermögen desselben bereits das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und man das Geld eigentlich auf das Konto des Insolvenzverwalters hätte überweisen müssen, so bestimmt die Insolvenzordnung dass die Unkenntnis dazu führt, dass man die Zahlung nicht ein zweites Mal erbringen muss. Der umgekehrte Fall ist nicht ausdrücklich in der Insolvenzordnung geregelt:

 

Über das Vermögen einer Bauunternehmung, wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, was einem ihrer Auftraggeber mitgeteilt wurde. Im weiteren Verlauf gab der Insolvenzverwalter die Werklohnforderung gegenüber dem Auftraggeber frei, was diesem nicht mitgeteilt wurde. Der Auftraggeber entrichtete die Werklohnforderung folglich an den Insolvenzverwalter, statt an den Bauunternehmer.

Der insolvente Bauunternehmer meint, der Auftraggeber müsse, da der Insolvenzverwalter die Werklohnforderung freigegeben habe, nun nochmals an ihn zahlen. Dieser sieht dies nicht ein.

Das Amtsgericht München verurteilte den Auftraggeber antragsgemäß. Das Landgericht meint, die Zahlung an den Insolvenzverwalter habe Erfüllungswirkung, die Forderung nach nochmaliger Zahlung an den insolventen Bauunternehmer sei unbegründet.

Nunmehr beantragt der Insolvenzverwalter (!) als Streithelfer des Bauunternehmers Prozesskostenhilfe für ein Revisionsverfahren. Er möchte mit der Revision erreichen, dass der Auftraggeber die Zahlung, die er bereits von ihm erhalten hat, nun ein zweites Mal an den Bauunternehmer leisten soll.

 

Der Bundesgerichtshof wies das Prozesskostenhilfegesuch wegen Mutwilligkeit und wegen Erfolglosigkeit zurück.

Mit der beabsichtigten Revision wolle der Insolvenzverwalter geltend machen, dass der Auftraggeber durch die Zahlung an die Insolvenzmasse nicht von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Bauunternehmer freigeworden sei und folglich erneut zahlen müsse. Dies hätte zur Folge, dass die Masse durch die Zahlung ungerechtfertigt bereichert wäre und insofern eine Masseverbindlichkeit bestünde. Dies sei mutwillig.

Das Prozesskostenhilfegesuch sei aber auch unbegründet. Der Leistung an den Insolvenzverwalter in Unkenntnis der kurz zuvor erfolgten Freigabe der Forderung an den Insolvenzschuldner komme Erfüllungswirkung zu. Die Insolvenzordnung sieht eine entsprechende Regelung für den Fall vor, dass der gutgläubige Drittschuldner in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung an den nicht mehr empfangsberechtigten Insolvenzschuldner eine Leistung erbringt. Für diese Fallgestaltung ordnet die Insolvenzordnung ausdrücklich die Befreiungswirkung an. Nichts anderes könne für die hier vorliegende Fallgestaltung einer Freigabe durch den Insolvenzverwalter gelten.

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Fazit: Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Frage, an wen Zahlungen zu erbringen sind, nicht immer einfach zu beantworten. In manchen Fällen scheint es so, als ob der Insolvenzverwalter nach Wegen sucht, die Schuldner der Insolvenzschuldner reinzulegen. Im Zweifelsfall sollte man unbedingt anwaltlichen Rat einholen.

(Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2010; IX ZA 30/10

Vorinstanz: Landgericht München I, Urteil vom 11.05.2010; 1 S 2337/09

Amtsgericht München, Urteil vom 29.09.2009; 155 C 2627/09)

 

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