Keine Insolvenzfähigkeit einer nach britischem Recht gelöschten Private Limited Company

Keine Insolvenzfähigkeit einer nach britischem Recht gelöschten Private Limited Company
15.10.2013326 Mal gelesen
Nach britischem Recht ist eine Gesellschaft, die der Registrar of Companies im Gesellschaftsregister wegen Aufgabe der Geschäftstätigkeit gelöscht hat, mit der Bekanntmachung der Löschung aufgelöst und damit in der Europäischen Union nicht mehr insolvenzfähig, entschied das Amtsgericht Duisburg.

Je mehr Europa zusammenwächst, desto mehr haben Entscheidungen anderer EU-Staaten auch ihre Auswirkungen auf die deutsche Rechtsordnung. Die aus der Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union abgeleitete Anerkennung der Rechtsform von Gesellschaften, die in einem anderen EU-Staat gegründet worden sind, gilt daher nicht nur für die Entstehung, sondern auch für die Beendigung der Gesellschaften. Wer in Großbritannien seine Rechtsfähigkeit verloren hat, der hat sie auch in Deutschland verloren. .

 

Die Schuldnerin wurde am 7. Februar 2001 als Private Limited Company mit satzungsmäßigem Sitz in London in das für England und Wales zuständige Gesellschaftsregister eingetragen. Die Schuldnerin war von einem Montageunternehmer aus Oberhausen gegründet worden, um in Deutschland ohne die gesetzlichen Voraussetzungen eine Handwerkstätigkeit ausüben zu können. Wie von Anfang an geplant, richtete er die tatsächliche Geschäftsleitung und den Produktionsbetrieb der Schuldnerin in Oberhausen unter derselben Anschrift wie ein von ihm geführtes Einzelunternehmen ein. In London unterhielt die Schuldnerin keine Geschäftsräume. Auf den Briefbögen der Schuldnerin waren nur Anschriften und Bankverbindungen in Oberhausen angegeben.

Am 19. November 2002 löschte der Registrar of Companies die Schuldnerin im Gesellschaftsregister. Im November 2002 und im März 2003 haben zwei Krankenkassen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt.

 

Das Amtsgericht wies den Eröffnungsantrag als unzulässig zurück.

Vorab sei festzuhalten, dass die Zuständigkeit des Amtsgerichts Duisburg für ein etwaiges Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin gegeben ist. Der maßgebliche Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin befindet sich nicht in London, sondern in Oberhausen und damit im hiesigen Gerichtsbezirk. Die Schuldnerin wäre auch, wenn sie noch existierte, in Deutschland als beschränkt haftende juristische Person britischen Rechts anerkannt und als solche insolvenzfähig.

Die Schuldnerin existiere jedoch als juristische Person nicht mehr. Durch die Löschung vom 19. November 2002 in Großbritannien ist die Existenz der Schuldnerin beendet worden.

Das britische Gesellschaftsrecht sehe vor, dass die Registerbehörde eine Private Limited Company im Register löschen könne, wenn ein vernünftiger Grund zu der Annahme besteht, dass die Gesellschaft nicht mehr am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Mit der Bekanntmachung der Löschung ist die Gesellschaft aufgelöst. Der Auflösungsvermerk mit Datum ist in der Internet-Veröffentlichung des Companies House über die Gesellschaft enthalten. Die Auflösung bewirkte dass die Gesellschaft aufhört, rechtlich zu existieren. Etwa noch vorhandenes Vermögen gilt als herrenlos und steht im britischen Hoheitsgebiet der Krone zu.

Ein solcher Fall der Amtslöschung wegen Aufgabe der Geschäftstätigkeit liege hier vor. Zwar habe der vorläufige Insolvenzverwalter in den unvollständigen Geschäftsunterlagen der Schuldnerin kein Schreiben der britischen Registerbehörde vorgefunden, doch lasse sich der Internet-Veröffentlichung des Companies House über die Gesellschaft entnehmen, dass diese aufgelöst sei.

In den Begriffen des deutschen Rechts habe die Schuldnerin damit zugleich ihren Charakter als juristische Person verloren. Sie ist nicht mehr existent. Ein Insolvenzverfahren könne daher nicht durchgeführt werden.

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Fazit: In Fällen dieser Art muss sorgfältig geprüft werden, ob und wie gegen Hintermänner der Schuldnerin vorgegangen werden kann. Ohne eingehende anwaltliche Beratung ist dies nicht zu schaffen.

(Quelle: Amtsgericht Duisburg, Beschluss vom 14.10.2003; 63 IN 48/03)

 

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