Keine Insolvenzanfechtung bei Zahlung an Gerichtsvollzieher außerhalb des 3-Monat-Zeitraumes

Keine Insolvenzanfechtung bei Zahlung an Gerichtsvollzieher außerhalb des 3-Monat-Zeitraumes
23.08.2013640 Mal gelesen
Bei der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des Schuldners im 3-Monats-Zeitraum vor Insolvenzantragstellung ist bei einer Barzahlung des Schuldners an den Gerichtsvollzieher nach Ansicht des Amtsgerichts Bremen in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Geldübergabe an diesen und nicht auf den

Zeitpunkt der Weiterleitung oder Gutschrift des Geldbetrages auf dem Konto des Gläubigers abzustellen.

Am 9. Juli 2010 ging beim Amtsgericht Schwerin ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ein.

Mit rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Bremen vom 17. Oktober 2009 wurde gegen den Schuldner eine Geldstrafe in Höhe von 266,20 € verhängt.

Am 8. April 2010 besuchte der Gerichtsvollzieher den Schuldner gegen 13:00 Uhr in seiner Wohnung, um die bis dahin nicht bezahlte Geldstrafe zu vollstrecken. Der Schuldner zahlte an den Gerichtsvollzieher den zu vollstreckenden Geldbetrag in bar.

Am 11. April 2010 wurde der Geldbetrag dem Konto des Gläubigers, der Freien Hansestadt Bremen, gutgeschrieben.

Die Insolvenzverwalterin focht die Zahlung gegenüber der Freien Hansestadt Bremen an.

Diese zahlte nicht.

Die Klage der Insolvenzverwalterin vor dem Amtsgericht Bremen hatte keinen Erfolg.

Im Fall der Barzahlung des Schuldners an den vollstreckenden Gerichtsvollzieher sei in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Geldübergabe an das Vollstreckungsorgan und nicht auf den späteren Zeitpunkt der Weiterleitung oder der Gutschrift des Geldbetrages auf dem Konto des Gläubigers abzustellen. Schließlich verwahre der Gerichtsvollzieher gepfändete Gelder treuhänderisch für den jeweiligen Gläubiger. Mit der Inbesitznahme durch den Gerichtsvollzieher erlangt der betreffende Gläubiger jedenfalls mittelbaren Besitz. Umgekehrt verliere der Schuldner mit Übergabe des Bargeldbetrages an den Gerichtsvollzieher die Verfügungsgewalt über die Geldscheine oder -münzen.

Ausweislich des Vollstreckungsprotokolls vom 8. April 2010 hat der Gerichtsvollzieher den Geldbetrag am 8. April 2010 gegen 13:00 Uhr in der Wohnung des Schuldners erhalten. Somit ist die streitgegenständliche Rechtshandlung nicht innerhalb der 3-Monatsfrist erfolgt, denn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 5. Juli 2010 ist erst am 9. Juli 2010 beim Amtsgericht Schwerin eingegangen.

Andere Anfechtungstatbestände kommen nicht in Betracht.

Die Zahlung auf einen rechtskräftigen Strafbefehl stelle keine unentgeltliche Leistung im Sinne der Insolvenzordnung dar. Zwar stehe der Geldstrafenzahlung keine Gegenleistung gegenüber, die dem Vermögen des Schuldners zuflösse. Die Zahlung erfolge jedoch aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zur Erfüllung der verhängten Geldstrafe und damit nicht freiwillig.

Auch mag dahinstehen, ob eine Zahlung des Verurteilten an die Staatskasse zur Abwendung der andernfalls drohenden Ersatzfreiheitsstrafe nach Sinn und Zweck der Anfechtungsvorschriften als anfechtbare Handlung überhaupt in Betracht zu ziehen sei, zumal eine Gefängnisstrafe des dann nicht mehr arbeitsfähigen Schuldners schwerlich im Interesse der Gläubigergemeinschaft liegen dürfte.

(Quelle: Amtsgericht Bremen, Urteil vom 19.04.2012; 9 C 344/11)

 

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