Publikumspersonengesellschaft; Satzungsänderung

Publikumspersonengesellschaft; Satzungsänderung
19.02.2013547 Mal gelesen
Wirksamkeit der Änderungsbeschlüsse über ein höheres Mehrheitserfordernis im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft

Sieht der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft für bestimmte Beschlussgegenstände, zu denen auch Änderungen des Gesellschaftsvertrages gehören, eine qualifizierte Mehrheit von % der anwesenden Stimmen vor und bestimmt er außerdem, dass für diese Beschlussgegenstände bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine höhere Mehrheit erforderlich ist, kann die Regelung über die höheren Mehrheitserfordernisse grundsätzlich mit %-Mehrheit aufgehoben werden, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Voraussetzungen für ihre Anwendbarkeit (noch) nicht erfüllt sind.

1.       Sachverhalt

Der BGH hatte am 16. Oktober 2012 in zwei Entscheidungen zur Wirksamkeit der Änderungsbeschlüsse über ein höheres Mehrheitserfordernis im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft zu entscheiden.

 Der Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft enthielt unter anderem folgende Regelung in § 16 Nr. 1:

 "Die Gesellschafterversammlung ist insbesondere für folgende Beschlussfassungen zuständig: . f) Änderungen des Gesellschaftsvertrages: Nr. 2: Soweit Beschlüsse nach Nr. 1 . gefasst werden, bedarf es einer %-Mehrheit der anwesenden Stimmen. Sind 75 % aller Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, tritt an die Stelle der %-Mehrheit die X-Mehrheit. Sind 90 % oder alle Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, sind die vorgenannten Beschlüsse einstimmig zu fassen."

Mit der Mehrheit der Stimmen gemäß § 16 Nr. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages  wurde in einer Gesellschafterversammlung die Streichung der Sätze 2 und 3 des § 16 Nr. 2 Gesellschaftsvertrag beschlossen.

Gegen diesen Beschluss klagte ein Kommanditist, indem er Feststellungsklage gegen den in der Rechtsform einer KG organisierten geschlossenen Immobiliefonds erhob. Klage und Berufung des Klägers blieben ebenso wie dessen Revision erfolglos.

 2.       Die Entscheidung des BGH

 Der BGH hat entschieden, dass dann, wenn die Geltungsvoraussetzungen für die potentiell höheren Mehrheitserfordernisse nicht vorliegen, für Änderungen des Gesellschaftsvertrages das Mehrheitserfordernis des § 16 Nr. 2 Satz 1 Gesellschaftsvertrag gilt mit der Folge, dass ein Beschluss formell wirksam gefasst ist, wenn er mit einer Mehrheit von ¾ der anwesenden Stimmen zu Stande gekommen ist. Wenn die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Regelung im Gesellschaftsvertrag gedeckt ist, sei sodann auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich möglicherweise als eine treuwidrige Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstelle und deshalb unwirksam sei. Eine solche Treuwidrigkeit hat der BGH in den beiden Urteilen vom 16. Oktober 2012 verneint.

 3.       Folgen für die Praxis

Die Klage wurde hier zu Recht gegen die Gesellschaft erhoben. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft ist zwar regelmäßig durch Feststellungsklage gegen die einzelnen Mitgesellschafter geltend zu machen. Dies gilt aber nur dann, wenn und soweit nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist. So lag der Fall hier.

Beschlüsse einer Personengesellschaft sind grundsätzlich einstimmig zu fassen, wenn und soweit nicht im Gesellschaftsvertrag für den betreffenden Beschlussgegenstand das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip einfache oder qualifizierte Mehrheit ersetzt worden ist. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses genügt es grundsätzlich, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll. Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob eine allgemeine Regelung anzuerkennen sei, wonach Mehrheitsklauseln in einem Gesellschaftsvertrag die für bestimmte Beschlussgegenstände eine qualifizierte Mehrheit vorschreiben, auch nur mit derselben Mehrheit aufgehoben werden können.

Die hier zu prüfenden Gesellschaftsvertäge  sahen für alle Änderungen der Satzung dasselbe qualifizierte Mehrheitserfordernis vor, das sich unter bestimmten Voraussetzungen -hier der Anteilskonzentration auf einige wenige Gesellschafter- erhöht. Zentrale Frage war, ob für bestimmte Satzungsänderungen, hier die Aufhebung der Sätze 2 und 3 des § 16 Nr. 2 Gesellschaftsvertrag, das dort geregelte Mehrheits- bzw. Einstimmigkeitserfordernis greift, obwohl zur Zeit der Beschlussfassung die Voraussetzungen für seine Anwendung (noch) nicht vorlagen.

Der BGH hat diese Frage verneint. Offen ist aber, wie er entschieden hätte, wenn z. Z. der Beschlussfassung die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Einstimmigkeitsprinzips vorgelegen hätten. Der Kautelarpraxis ist hier dringend zu empfehlen, insoweit für klare und eindeutige Regelungen in dem Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft zu sorgen.

Rechtsanwalt und Notar Dr. Axel Berninger, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover