Klagen gegen Ratingagenturen zulässig

Klagen gegen Ratingagenturen zulässig
17.01.2013353 Mal gelesen
Anleger verlassen sich oftmals bei ihren Geldentscheidungen auf die Bewertung von Ratingagenturen. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Anleger gegen die Ratingagenturen vor deutschen Gerichten klagen können.

Ein Anleger aus Niedersachsen hatte im Jahre 2008 Zertifikate der insolventen Investmentbank Lehman Brothers erworben. Der Anleger gab an, sich bei seiner Anlageentscheidung auf das Rating der Agentur Standard & Poor' s (S & P) verlassen zu haben. Er sei davon ausgegangen, dass ein Rating, das mit der Stufe "A" bzw. besser vergeben worden sei, zutreffend gewesen sei. Aufgrund der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers konnte der Anleger seine Investitionen nicht wieder zurückerhalten. Das zunächst eingeleitete Verfahren vor dem Landgericht in Frankfurt endete mit einer Klageabweisung. Der Anleger reichte gegen dieses Urteil Berufung ein und erzielte in einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt einen Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah eine Klage gegen die Rating Agentur als zulässig an. Streitig während des Verfahrens war die Frage, ob ein deutscher Anleger überhaupt eine Klage in Deutschland einreichen könne, da die Rating Agentur keinen Sitz in Deutschland habe. Das Oberlandesgericht in Frankfurt entschied, dass es eine Zulässigkeit in Deutschland sehen würde. (21 U 23/11). Zwar sei es richtig, dass die Ratingagentur ihren formellen Sitz nicht in Deutschland habe und auch dort keine Niederlassung im juristischen Sinne betreibe, jedoch käme aus einem anderen Grund eine Zuständigkeit deutscher Gerichte in Betracht. Ein deutsches Gericht sei auch dann zuständig, wenn sich Vermögen einer Ratingagentur in Deutschland befände. Die Ratingagentur betreibe von Deutschland aus geschäftliche Tätigkeiten und würde im Rahmen eines Abonnementsvertrages Geldzuflüsse verzeichnen. Damit sei ein Vermögen in Deutschland vorhanden. Damit seien die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage gegenüber S & P in Deutschland erfüllt. Deutsche Gerichte dürften daher über die Ansprüche des betroffenen Anlegers entscheiden.

Nach Pressemitteilungen wurde durch die Ratingagentur gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt Rechtsbehelf eingelegt. Danach sei jedoch durch einen Beschluss des Bundesgerichtshofes festgehalten worden, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichtes in Frankfurt, die Klage in Deutschland als zulässig anzusehen, richtig sei. Danach habe der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Zivilgericht festgehalten, dass eine Klage gegen die Ratingagentur in Deutschland erhoben werden könne.

Die gerichtliche Entscheidung wird von vielen Teilen als zutreffend angesehen. Rating Agenturen sind international tätig, unterhalten aber oftmals keine Niederlassung oder einen Sitz in mehreren Staaten. Gleichwohl ist es so, dass die Entscheidungen der Ratingagenturen nicht nur eine Wirkung in demjenigen Staat haben, indem sich der Sitz befindet. Da bei einem Sitz einer Agentur in den USA die Auswirkung der Bewertung nicht nur für amerikanische, sondern für ausländische Unternehmen ebenfalls erfolgt und hier eine internationale Wirkung anzusehen ist, kann es inhaltlich nur als richtig angesehen werden, dass die Entscheidungen der Ratingagenturen dann auch in dem jeweiligen Staat, in dem sich Anleger auf die Entscheidung der Agenturen verlassen, vor Gericht verhandelt werden können. Mit der Frage, ob eine Ratingagentur zu verurteilen ist, haben sich auch bereits ausländische Gerichte auseinandergesetzt. Nach einem Pressebericht vom 6.11.2012 wurde die US-amerikanische Ratingagentur Standard & Poor's durch ein australisches Gericht in Sydney verurteilt, Anleger zu entschädigen.

In einer weiteren Pressemitteilung vom 13.11.2012 müssen sich in Italien 7 Analysten und Manager der Ratingagenturen Fitch Ratings und S & P vor Gericht verantworten.

Anlegern in Deutschland verhilft die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt und der in der Presse angesprochene Beschluss des Bundesgerichtshofes dazu, nunmehr erstmalig Schadensersatzansprüche auch gegenüber ausländischen Ratingagenturen zu erheben. Damit ist der Weg geöffnet, dass Anleger, die sich auf die Bewertung einer Ratingagentur verlassen haben, vor Gericht überprüfen lassen können, ob aufgrund unrichtiger Bewertungen Schadensersatz von dem jeweiligen Ratingunternehmen zu leisten ist.

Anleger, die bei Ihrer Anlageentscheidung von einem guten Rating ausgingen, später aber feststellen mussten, dass das Rating nicht zutreffend war, sollten prüfen lassen, in welchem Umfang Ansprüche gegen die Ratinagentur zustehen können.

Telefon: 02361-92550

e-mail: ra@maack.de