Lehman Brothers Zertifikate - BGH Entscheidung kommt doch nicht, Revision zurück genommen!

Wirtschaft und Gewerbe
08.04.2011500 Mal gelesen
Die lang ersehnte BGH Entscheidung in der Form eines Urteil bzgl. Lehman Brothers Twin-Win und Kupon Zertifikate kommt nun doch nicht, weil die Bank die Revision zurückgenommen hat.

Die Bank hatte Revision gegen Urteile des OLG Frankfurt eingelegt, die Lehman Brothers Twin-Win Zertifikate und Kupon Zertifikate betrafen. Kurz vor der Verhandlung hat die Bank nun die Revision zurückgenommen, so dass die Urteile rechtskräftig sind.

Dazu findet sich folgender Terminshinweis auf der Seite des BGH:

"Verhandlungstermin: 12. April 2011 - Rücknahme der Revision in beiden Verhandlungssachen

Es stehen zwei Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich dabei um die ersten Verfahren aus diesem Themenkomplex, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu verhandeln hat.

XI ZR 85/10 = Rücknahme der Revision

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 31. August 2008 - 2-19 O 287/08
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 17. Februar 2010 - 17 U 207/09 (veröffentlicht WM 2010, 613)

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Am 23. August 2007 rief ein Mitarbeiter der Beklagten den Ehemann der Klägerin in dessen Büro an und empfahl ihm die in seinem Depot befindlichen, in kleinen Stückzahlen gehaltenen Aktien zu verkaufen und von dem Erlös "Twin-Win-Zertifikate 8/2007" der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. zu erwerben. Am Ende des Telefongesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, erteilte dieser der Beklagten den Auftrag, sieben der empfohlenen Zertifikate zum Nennwert von jeweils 1.000 € für ihn zu erwerben. Diese Zertifikate sind an die Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index gebunden. Nach Ablauf des fünfjährigen Beobachtungszeitraums wird das Zertifikat zum Nominalwert zuzüglich der absoluten Wertentwicklung des Index zurückbezahlt und zwar unabhängig davon, ob die Wertentwicklung positiv oder negativ verlaufen ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Index während des gesamten Beobachtungszeitraums nicht auf 50% des Indexstandes zum 24. August 2007 absinkt oder diese Barriere unterschreitet. Tritt dies ein, so wird dem Anleger zum Laufzeitende kein Barbetrag ausgezahlt, sondern ein Ersatzzertifikat geliefert, das an der Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index teilnimmt und eine Laufzeit bis zum Jahr 2057 hat. Dieses Ersatzzertifikat hätte von der Emittentin ab dem Jahr 2014 jährlich gekündigt werden können, worauf der Ehemann der Klägerin nicht hingewiesen wurde.

Mit Insolvenz der Emittentin und der Investmentbank Lehman Brothers, die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - gestützt auf mehrere Beratungsfehler - die Rückzahlung von 7.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der sieben Lehman-Zertifikate.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar eine Beratungspflichtverletzung insoweit verneint, als die Beklagte nicht auf eine mögliche Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hingewiesen hat. Angesichts der positiven "Ratingnoten", die die Emittentin bis fast zur Insolvenz gehabt habe, habe kein Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen müssen. Einen Beratungsfehler hat das Berufungsgericht jedoch darin gesehen, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Ersatzzertifikate, die der Anleger erhält, wenn die 50%-Barriere des Index während des Beobachtungszeitraums erreicht oder unterschritten wird, ab dem Jahr 2014 von der Emittentin gekündigt und fällig gestellt werden können. Durch diesen fehlenden Hinweis habe beim Anleger der unzutreffende Eindruck entstehen können, er könne zwischenzeitliche Kursverluste der bis zum Jahr 2057 laufenden Zertifikate "aussitzen".

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

und

XI ZR 294/10 = Rücknahme der Revision

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Dezember 2009 - 2-26 O 135/09
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 14. Juli 2010 - 17 U 11/10

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Am 15. Februar 2008 rief ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin an und empfahl ihr, verschiedene Posten in ihrem Depot, die sich nicht wunschgemäß entwickelt hatten, zu verkaufen und von dem Erlös "DAX-Kupon-Zertifikate 03/2008" der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. zu erwerben. Am Ende des Telefongesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag, fünfundzwanzig der empfohlenen Zertifikate zum Nennwert von jeweils 1.000 € für sie zu erwerben. Die Zinszahlungen während der fünfjährigen Laufzeit dieser Zertifikate sind an die Wertentwicklung des DAX-Index gebunden. Wenn der DAX-Index während des gesamten Zeitraums im Verhältnis zum anfänglichen Bewertungsstichtag zu keinem Zeitpunkt um mehr als 50% fällt, erhält der Anleger am Ende der Laufzeit den Nominalbetrag wieder ausbezahlt. Wird diese Barriere hingegen während des Beobachtungszeitraums einmal unterschritten, entfallen die Zinszahlungen und der Anleger erhält am Ende der Laufzeit "DAX-Zertifikate" mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2058. Diese Ersatzzertifikate hätten von der Emittentin vorzeitig gekündigt werden können. Über die Laufzeit der Ersatzzertifikate und das Recht der Emittentin, diese vorzeitig zu kündigen, wurde die Klägerin nicht aufgeklärt.

Mit Insolvenz der Emittentin und der Investmentbank Lehman Brothers, die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - gestützt auf mehrere Beratungsfehler - im Wesentlichen die Rückzahlung von 25.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der fünfundzwanzig Lehman-Zertifikate.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar eine Beratungspflichtverletzung insoweit verneint, als die Beklagte nicht auf eine mögliche Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hingewiesen hat. Angesichts der positiven "Ratingnoten", die die Emittentin bis fast zur Insolvenz gehabt habe, habe kein Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen müssen. Einen Beratungsfehler hat das Berufungsgericht jedoch darin gesehen, dass die Beklagte die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Ersatzzertifikate, die der Anleger erhält, wenn die 50%-Barriere des Index während des Beobachtungszeitraums unterschritten wird, eine Laufzeit bis 2058 haben und von der Emittentin vorzeitig gekündigt werden können. Es müsse davon ausgegangen werden, so das Berufungsgericht, dass die Emittentin ihr Kündigungsrecht dann ausübe, wenn die Zertifikate für den Anleger besonders profitabel seien, so dass der Marktwert im Vergleich zu Zertifikaten ohne vorzeitiges Kündigungsrecht der Emittentin niedriger sei.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter."

Anleger von lehman Brothers Zertifikate können nun zum einen froh sein, da der Inhalt der Urteile des OLG Frankfurt rechtskräftig ist, zum anderen muss nun wieder gewartet werden, bis der BGH endlich über Lehman Brothers Zertifikate entscheidet. Anleger von Lehman Brothers Zertifikaten sollten jedoch nicht aufgeben und sich umgehend von einem im Kapitalanlagerecht tätigen Rechtsanwalt beraten lassen.