Schein-Private: Abmahnungen, das Übel im Wettbewerb? Oder doch eher die Missetaten des Abgemahnten?

Wettbewerbs- und Markenrecht
18.03.2016213 Mal gelesen
Schein-Private treten z.B. bei ebay verstärkt auf und schädigen massiv den Wettbewerb und die Verbraucher. Das LG Bochum entschied, dass 77 Bewertungen als Verkäufer in einem Zeitraum von 6 Monaten Indiz für die Gewerblichkeit sein können.

Das LG Bochum hatte hier über eine Abmahnung gegenüber einem privaten Händler zu entscheiden, der von einem Wettbewerber abgemahnt wurde, da dieser die Meinung vertrat, dass der Umfang der Geschäftstätigkeit nicht mehr einem Privathaushalt zuzuordnen ist.

Die Indizien, die die Rechtsprechung in unzähligen Urteilen aufgestellt hat, um Private von Gewerbetreibenden unterscheiden zu können, sind zahlreich. Je nach Gericht veriiert dabei auch z.B. die Anzahl der Bewertungen, die die Schwelle zum gewerblichen Handeln indizieren. Gleichartigkeit der Waren, Sofort-Kauf Option, vorgehaltene Artikelanzahl usw. sind weitere Faktoren.

Einigkeit besteht jedoch, dass diese "Privaten" eine Gefahr sind. Bei einer gewerblichen Verkaufstätigkeit, die unter der Bezeichnung privater Verkäufer erfolgt, werden nicht nur die Verbraucher um ihre ihnen gesetzlich zustehenden Informations- und Gewährleistungsrechte geprellt, sondern der Wettbewerb wird auch ganz massiv beeinträchtigt, da die Kundenrechte letzlich in die Preise einzukalkulieren sind und von daher durch das wettbewerbsrechtlich unredliche Verhalten Preise unterboten werden können, was nicht möglich gewesen wäre, wenn man sich redlich verhalten hätte (LG Bochum, Urteil vom 11.02.2016).

Hier und da flammen Diskussionen über das Übel der Abmahnungen auf. Das Übel sind aber nicht die Abmahnungen, sondern vielmehr die Verkäufer, die meinen, achtlos und unbekümmert unter Mißachtung von Normen "drauf loshandeln zu können".

Eine kostenlose Vorwarnung durch den Wettbewerber ist in diesem Zusammenhang nett, aber gesetzlich nicht erforderlich. Wir praktizieren in unserem Büro solche kostenlosen Vorwarnungen, sofern dies vom Mandanten gwünscht wird.

Ähnliche Meinungen kursieren im Zusammenhang mit Filesharing Abmahnungen. Es wird vom Tatverhalten abgelenkt und kurzsichtig und evtl. fadenscheinig nur auf die Abmahnung geblickt.

Natürlich gibt es mißbräuchliche Abmahnungen, so wie es Auswüchse bei anderen Berufsträgern und Gesellschaftsschichten gibt; eine Verallgemeinerung rechtfertigt dies jedoch nicht.

Einige denken, dass Abmahnungen das Übel sind, die es gilt zu bekämpfen. Wir denken, dass die Rechtsverletzungen der Abgemahnten das Übel sind, welche bekämpft werden müssen. Händler müssen sensiblisiert werden für die Erforderlichkeit einer qualizierten Rechtsberatung, wie sie von vielen Kollegen im Bereich des Wettbewerbsrechts angeboten wird.


Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt R. Euskirchen

www.ra-euskirchen.de