Domaingrabbing - Meinungsäußerungsfreiheit vs. Markenrecht -

Wettbewerbs- und Markenrecht
13.12.2007480 Mal gelesen

Die WIPO (World Intellectual Property Organisation) mit Sitz in Genf hat am 14.11.2007 entschieden, dass Markeninhaber unter Umständen sog. "Domaingrabbern" nichts entgegenhalten können, sofern die fremden Marken als Domain-Namen zum Zwecke der Meinungsäußerung registriert würden.

Eine derartige Vorgehensweise verstoße zumindest nicht gegen die Vorschriften der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP). Hierbei handelt es sich um einen am 24. Oktober 1999 verabschiedete Richtlinie, welche für Markeninhaber ein außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren vor der Internet Assigned Numbers Authority (ICANN) eröffnet. Dieses Verfahren ist für alle Domainregistrierungen im Bereich der Top-Level-Domains ".com", ".net" und ".org" verbindlich, da sich die Domaininhaber diesem Verfahren automatisch mit der Anerkennung der Domainvergabeordnung zum Zeitpunkt der Registrierung ihres Domainnamens unterwerfen. 

Die WIPO hat nunmehr eine Entscheidung veröffentlicht, die eine Abkehr der  markenfreundlichen "Rechtsprechung" - über 85 Prozent der Verfahren gingen zu Gunsten des Markeninhabers aus - darstellen könnte und der Problematik des sog. Domaingrabbings neue Nahrung geben könnte. Im Mittelpunkt dieses Verfahrens steht die Ansicht des Schiedsgerichts, dass solche Domains, bei welchen ein markenrechtlich geschützter Begriff genutzt wird, dann nicht übertragen werden müssen, wenn unter diesen (markenrechtlich) geschützten Kennzeichen die eigene Meinung kund getan wird.

Der vorliegende Fall betrifft eine Domain, unter der sich der Inhaber der Domain in kritischer Weise mit der Behandlungsmethode eines Krankenhauses auseinandersetzt. Das Krankenhaus machte daraufhin markenrechtliche Ansprüche vor der WIPO geltend, und behauptete, dass die Domain dem Namen (des Krankenhauses) zu ähnlich sei, und begehrte die Übertragung auf sich. 

Zu Unrecht, wie die Richter meinten.

Nach Ansicht des Gerichts zieht der Domaininhaber aus der Domain keinen kommerziellen Nutzen. Zudem sei für jeden Benutzer beim Aufruf der Website sofort zu erkennen, dass es sich nicht um das offizielle Angebot des (besagten) Krankenhauses handelt. In seiner Urteilsbegründung setzt sich das Gericht dabei intensiv mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung auseinander. Nach Ansicht der Richter ist die Nutzung einer fremden Marke als Domain in Hinblick auf das Recht der freien Meinungsäußerung dann nicht zu beanstanden, wenn unter Abwägung der einzelnen Interessen das Grundrecht (Art 5 Abs. 1 GG) überwiege. 

Auch in Deutschland haben Streitigkeiten um Domain-Namen die Gerichte beschäftigt, wobei hier deutlich gemacht worden ist, dass das Grundrecht nach Art. 5 Abs. 1 GG auf freie Meinungsäußerung zu berücksichtigen, jedoch auch im Einzelfall zu prüfen sei, ob insbesondere eine unzulässige Schmähkritik vorliegt. Angesichts der Tendenzen der Gerichte, im Zweifel eine solche Schmähkritik zu bejahen, kann daher derzeit nur gewarnt werden, zu leichtfertig die Berufung auf die Entscheidung der WIPO heranzuziehen und  derartige Domains zu registrieren.