Wirft man einen Blick ins Gesetz, so erscheint dem Leser die Sache zunächst klar:
§ 154 Meineid
(1) Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch schwört, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
§ 153 Falsche uneidliche Aussage
Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Doch was bedeutet eigentlich "falsch"? Und was ist eigentlich eine "Aussage"?
Es herrscht in Literatur und Rechtsprechung der lange Streit, ob eine Aussage dann falsch ist, wenn sie subjektiv falsch, also nur nach Meinung des Aussagenden unzutreffend ist, oder objektiv falsch ist. Problematisch kann es werden, wenn die Aussage nach dem Dafürhalten des Zeugen richtig ist, aber vom Gericht als falsch angesehen wird.
Ebenso ist es problematisch, wenn der Zeuge interpretiert und somit seine Meinung kundtut, aber nicht seine Wahrnehmung mitteilt. Denn nur letzteres ist eine "Aussage".
Es ist Realität in unseren Gerichten, dass gerade das unzuverlässigste und damit für eine Täterüberführung kritischste Beweismittel oftmals "aus dem Bauch heraus" beurteilt wird, oder in der Weise, daß es zum gewollten Ergebnis der Beweisaufnahme paßt.
Im Strafprozeß kann es angezeigt sein, sich als Zeuge eines Anwalts als Zeugenbeistand zu bedienen, denn wenn man sich selbst belasten würde, hat man das Recht, die Aussage zu verweigern.
Zum anderen beinhalten Falschaussage und Meineid im Einzelfall erhebliche rechtliche Schwierigkeiten.
Jeder Prozessbeteiligte (Angeklagter, Staatsanwalt, Gericht, Verteidiger) muss bedenken, dass die Zeugenaussage das unsicherste aller Beweismittel ist. Selbst dann, wenn 4 Zeugen bekunden, die Ampel sei grün gewesen und nur einer bekundet, dass die Ampel rot war, sagt dies nichts darüber aus, wer eine strafbare Falschaussage begangen hat. Es können Interpretationen vorliegen, Erinnerungslücken oder lediglich Fahrlässigkeit.
Wirft die Anklage dem Angeklagten Falschaussage oder Meineid vor, kann der Angeklagte nur dann verurteilt werden, wenn nachgewiesen ist, dass er vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat. Doch dieser Nachweis braucht nur mit der sog. "freien richterlichen Beweiswürdigung" geführt werden. Hierin aber liegt eine der größten Gefahren.
Zeuge kann jeder werden. Wenn der Zeuge dann auch noch Tatverdächtiger einer Falschaussage wird, ist Strafverteidigung angezeigt. Im Fall des Meineides ist eine Verteidigung notwendig, da ein Verbrechen vorliegt. Weiterhin droht in jedem Falle eine Freiheitsstrafe.
Rechtsanwalt Holger Hesterberg
Bundeweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.