Blutentnahme nach Alkoholfahrt: Beweisverwertungsverbot und Verstoß gegen Richtervorbehalt jetzt auch in Bayern!

Strafrecht und Justizvollzug
08.06.20101258 Mal gelesen
Das OLG Nürnberg hat am 07.12.2009 entschieden, dass wegen Missachtung des in § 81a Abs. 2 StPO enthaltenen Richtervorbehalts hinsichtlich einer Blutabnahme ein Beweisverwertungsverbot zumindest dann anzunehmen ist, wenn der Polizeibeamte selbst davon ausgeht, dass keine „Gefahr im Verzug“ vorliegt und er trotzdem wegen einer „damaligen Übung seiner Dienststelle“ keine richterliche oder staatsanwaltliche Anordnung einholt.

Der Beschuldigte wurde am 09.05.2009 in seinem Pkw angetroffen. Er versuchte, trotz eines zuvor verlorenen Reifens, wegzufahren. Die Polizeibeamtin F. ordnete eine Blutentnahme an, ohne den richterlichen Eildienst zu kontaktieren. Die Polizistin erklärte, sie habe Gefahr in Verzug nicht für gegeben erachtet und es sei die damalige Übung Ihrer Dienststelle gewesen, bei derartigen Fällen die Staatsanwaltschaft oder den richterlichen Bereitschaftsdienst nicht zu kontaktieren.

 

Nach § 81 a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu. Die Strafverfolgungsbehörden müssen daher regelmäßig versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie selbst die Blutentnahme anordnen.

Hier hat die ermittelnde Polizeibeamtin entsprechend der damaligen Übung ihrer Dienststelle nicht einmal versucht einen Richter oder einen Staatsanwalt zu erreichen.

 

Vorliegend wurde ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81 a Abs. 2 StPO festgestellt und dies führt zu einem Beweisverwertungsverbot und damit zur Unverwertbarkeit der Ergebnisse der Blutalkoholuntersuchung. Das Verfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt war einzustellen.

Von einem Beweisverwertungsverbot ist auszugehen, wenn einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig geschädigt wird und folglich jede andere Lösung als die Annahme eines Verwertungsverbots unerträglich wäre. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor bei bewusster und zielgerichteter Umgehung des Richtervorbehalt sowie bei willkürlicher Annahme von Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen eines gleichwertigen, besonders schwerwiegenden Fehlers vor.

 

OLG Nürnberg 1St OLG Ss 232/2009

  

Hinweis:
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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.