Leider viel zu häufig werden beschuldigte Verkehrsteilnehmer Opfer ihrer eigenen Redseligkeit.
Wenn die Betroffenen stattdessen gegenüber der Polizei und den Verfolgungsbehörden konsequent von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hätten, wäre das Verfahren in vielen Fällen wegen nicht ausreichendem Tatverdacht eingestellt worden.
Unsere Rechtsordnung gewährt jedem Beschuldigten das Recht zu Schweigen. Hintergrund ist das wichtige rechtsstaatliche Prinzip, dass von niemandem verlangt werden kann, sich selbst in einem Ermittlungsverfahren zu belasten. Niemand muss daher Angaben zur Sache machen oder selbst aktiv an den Ermittlungen gegen sich mitwirken. Da es sich um ein garantiertes Verfahrensrecht handelt, muss dieses Verhalten weder begründet oder gerechtfertigt werden noch dürfen Ermittler und Gerichte für den Betroffenen nachteiligen Schlüsse daraus ziehen.
Wer als Kraftfahrer anlässlich einer Polizeikontrolle oder eines Verkehrsunfalls polizeilichen Ermittlungen ausgesetzt wird, ist ab diesem Moment Beschuldigter und kann dann auch ab sofort von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Angaben zum Unfallhergang, zu konsumierten Alkoholmengen oder Drogenkonsum, Trinkverlauf oder Konsumverhalten oder sonstigen Umständen dürfen und sollten dann verweigert werden.
Der Betroffene kann in dieser Lage zumeist noch gar nicht abschätzen, was er zu seiner Entlastung vorbringen könnte und vor allem, was ihm im weiteren Verfahrensverlauf nachteilig entgegengehalten werden kann. In dieser Situation lässt sich mit einer Aussage nichts gewinnen aber viel verlieren.
Auch wenn der Betroffene von einem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt erfährt, liefert er durch gut gemeinte Aussagen oft nur wichtige Beweise gegen sich selbst. Leicht kann er so zu seiner eigenen Verurteilung beitragen.
Ein gutes Beispiel sind so genannte Kennzeichenanzeigen, wo nur das Nummernschild bekannt ist aber der Fahrer nicht oder nur unzureichend beschrieben wurde. Hier kann die Justiz dem angeblichen Täter den Verstoß kaum nachweisen - wenn dieser einfach schweigt. Macht der Beschuldigte aber, weil er sich vielleicht wegen des angeblichen Verstoßes für zu unrecht verfolgt fühlt und die Dinge aus seiner Sicht klarstellen möchte, eine Einlassung gegenüber der Ermittlungsbehörde hat er in der Regel schon einen schweren Fehler begangen. Mit der Schilderung des Vorfalls "aus eigener Sicht" gibt er automatisch zu, am Vorfall beteiligt gewesen zu sein. Während die Justiz den Täter ansonsten nie ausfindig gemacht hätte, muss der Betroffene, durch seine eigenen Angaben überführt, nun eine saftige Verurteilung hinnehmen. Klingelt nach einer Kennzeichenanzeige die Polizei an der Haustür, geben erfahrungsgemäß viele vor Schreck sofort zu, gefahren zu sein. Konsequenz dieses voreiligen Eingeständnisses ist dann eine strafrechtliche Verurteilung und evtl. eine Fahrerlaubnisentziehung, was ansonsten, ohne den Nachweis der Täterschaft hätte vermieden werden können.
Das Recht zu Schweigen gibt es für einen Beschuldigten aber nur ganz oder gar nicht. Werden Angaben gemacht, müssen diese auch der Wahrheit entsprechen. Für Zeugen gilt ein Aussageverweigerungsrecht nur dann, wenn es keine Familienangehörige sind.
Egal ob auf frischer Tat ertappt oder erst später zum Beschuldigten gemacht - Die Betroffenen tun besser daran, zum Tathergang zu schweigen. Notfalls sollte man mitteilen, eine Äußerung werde über einen Anwalt erfolgen. Denn nur wer über den gegen ihn persönlich erhobenen Vorwurf in allen Einzelheiten Bescheid weiß und sämtliche Beweise kennt, hat die Möglichkeit zu einer angemessenen Verteidigung.
Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, Düsseldorf ist regional und überregional als Verteidiger auf dem Gebiet des Verkehrsstraf- und Bußgeldrechts tätig.