Verkehrsrecht: Verhindern einer Geschwindigkeitsmessung legal?

Strafrecht und Justizvollzug
26.10.2013455 Mal gelesen
Wer durch Abstellen seines Fahrzeugs vor einem „Blitzer“ dessen Funktion verhindert, macht sich nicht nach § 316 b I Nr. 3 StGB strafbar, da durch das Verhindern einer Geschwindigkeitsmessung kein „Einwirken“ auf das Gerät erfolgt, so der BGH in seinem Beschluss vom 15.05.2013 (AZ: 1 StR 469/12).

Autofahrer ärgerte sich darüber, "geblitzt" worden zu sein

Nachdem ein Autofahrer von dem Geschwindigkeitsmessgerät erfasst worden war, stellte er verärgert seinen Kastenwagen vor den Sensor. Messungen waren daraufhin nicht mehr möglich. Die Bemühungen eines Messbeamten, den Autofahrer telefonisch und in persona zum Wegfahren des Kastenwagens zu bringen, scheiterten. Erst als der Beamte den Abschleppdienst rief, reagierte der Autofahrer.

Traktor nicht abschleppbar

Doch statt das Hindernis zu beseitigen, tauschte der Autofahrer lediglich den Kastenwagen vor dem Messsensor gegen einen Traktor aus. Dessen Frontlader senkte er zudem herab. Nachdem der Autofahrer sich wieder entfernt hatte, traf der Abschleppunternehmer ein, konnte den Traktor jedoch aufgrund des herabgelassenen Frontladers nicht abschleppen. Als Polizeibeamte daraufhin eintrafen, fuhr der Autofahrer schließlich den Traktor weg. Nach alledem konnte das Geschwindigkeitsmessgerät eine Stunde lang, wie vom Autofahrer beabsichtigt, nicht betrieben werden.

Die Vorinstanzen

Wurde der Autofahrer vom Amtsgericht noch wegen Nötigung gemäß § 240 I 1. Alt. StGB zu 20 Tagessätzen á 15,- € verurteilt, beabsichtigte das OLG Karlsruhe nach eingelegtem Rechtsmittel den Schuldspruch dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte sich wegen Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316 b I Nr. 3 StGB strafbar gemacht hat. Eine Revision sollte nicht zugelassen werden, aufgrund einer besonderen Prozesskonstellation jedoch sah sich das OLG Karlsruhe gezwungen, den BGH anzurufen.

Keine Einwirkung auf die Sachsubstanz

Der BGH teilte die Auffassung des OLG nicht. Erforderlich für eine Tatbestandsmäßigkeit nach § 316 b I Nr. 3 StGB sei die Einwirkung auf die Sachsubstanz. Voraussetzung sei zunächst eine Störung oder eine Verhinderung des Betriebs einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Anlage. Diese Störung oder Verhinderung müsse ihre Ursache darin haben, dass eine dem Betrieb dienende Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar gemacht werde, wobei hier einzig die Unbrauchbarmachung in Betracht komme. Dadurch, dass der Angeklagte sein Fahrzeug in Richtung des Messstrahls parkte, verhinderte er Messungen bei anderen vorbeifahrenden Fahrzeugen. Dabei wirke er jedoch nicht einmal äußerlich durch Beschmieren oder bspw. Bekleben auf die Substanz der Sache ein. Somit liege keine Manipulation an dem Messgerät selbst oder einem wesentlichen Teil davon vor, die zu einer tatsächlichen Funktionsminderung geführt haben könnte.

An einem direkten Einwirken auf die Sachsubstanz durch die Verhinderung der Geschwindigkeitsmessung fehle es also. Dies erweise sich schon daraus, dass bereits ein leichtes Versetzen des Messfahrzeuges oder (je nach Gerät) auch nur der Messeinrichtung Messungen wieder möglich gemacht hätte.

Demnach liege keine Strafbarkeit wegen § 316 b I Nr. 3 StGB vor.

Fazit

Eine interessante Entscheidung. Das OLG Karlsruhe verzichtete auf das Erfordernis der Einwirkung auf die Sachsubstanz. Die Notwendigkeit einer solchen Einwirkung auf die Sachsubstanz für die Tatvariante des Unbrauchbarmachens erfolgt aber aus einem systematischen Vergleich mit den übrigen in dem Tatbestand genannten Tathandlungen (Zerstören, Beschädigen, Beseitigen, Verändern). Richtigerweise bleibt der Autofahrer also straflos. Sollte der ein oder andere Autofahrer dieser Entscheidung alleine schon aus Sympathiegründen zustimmen, ist gleichwohl von einer Nachahmung bei einer Geschwindigkeitsmessung dringend abzuraten.

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