Jugendstrafrecht - 2

Strafrecht und Justizvollzug
28.01.2011915 Mal gelesen
In diesem Fachartikel setzt sich Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Volker Dembski aus München mit den Sanktionsmöglichkeiten im JGG auseinander.

Bei den Erziehungsmaßregeln kommt zum einen die Erteilung von Weisungen, zum anderen die Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung in Betracht. Weisungen sind Gebote, welche die Lebensführung des Jungendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Kommt der Jugendliche Weisungen schuldhaft nicht nach, kann er mit Ungehorsamsarrest belegt werden. Hilfen zur Erziehung sind Verpflichtungen nach Anhörung des Jugendamtes in Form der Erziehungsbeistandschaft nach § 30 SGB VIII oder in einer Einrichtung über Tag und Nacht oder in einer sonstigen Wohnform im Sinne des § 34 SGB VIII. Zuchtmittel sind ein eindringlicher tatbezogener Mahn- und Ordnungsruf. Zu unterscheiden ist zwischen der Verwarnung, der Erteilung von Auflagen und dem Jugendarrest. Durch die Verwarnung soll das Unrecht der Tat eindringlich vorgehalten werden. Auflagen sind insbesondere die Schadenswiedergutmachung, die Entschuldigung sowie Arbeits- und Geldauflagen. Der Jugendarrest ist das schärfste Zuchtmittel und kann in Form des Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrestes verhängt werden.

Bei Verurteilung zur Jugendstrafe bis zu einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass sich der Jugendliche bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs unter der erzieherischen Einwirkung in der Bewährungszeit künftig einen rechtschaffenen Lebenswandel führen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Jugendlichen, sein Vorleben, die Umstände der Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von einer Aussetzung für ihn zu erwarten sind. Bei einer Verurteilung zu einer höheren Jungendstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, ist die Strafe ebenfalls zur Bewährung auszusetzen, wenn nicht ausnahmsweise die Vollstreckung der Strafe im Hinblick auf die Entwicklung des Jugendlichen geboten ist. Generalpräventive Gesichtspunkte dürfen wegen der erzieherischen Zielsetzung des Jugendstrafrechts keine Rolle spielen. Die Dauer der Bewährungszeit hat zwischen zwei und drei Jahren zu liegen. Dem Jungendlichen sollen für die Dauer der Bewährungszeit zur Erziehung und Ahndung Auflagen und Weisungen erteilt werden. Bei schuldhafter Nichtbeachtung kann ein Ungehorsamsarrest verhängt werden. Außerdem ist der Jugendliche für die Dauer von höchstens zwei Jahren der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers zu unterstellen. Wenn nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob in der Straftat des Jungendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang hervorgetreten sind, welche die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlich machen, so kann die Schuld festgestellt, aber die Entscheidung über die Verhängung einer Jungendstrafe für eine Bewährungszeit ausgesetzt werden. Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird entweder im Urteil oder, solange der Strafvollzug noch nicht begonnen hat, nachträglich durch Beschluss angeordnet. Wird über die Frage der Bewährung im Urteil nicht entschieden, bleibt die Entscheidung in der Regel für einen bestimmten Zeitraum, meist sechs Monate, vorbehalten. Nach Ablauf der Vorbewährungszeit kann ohne mündliche Verhandlung im Beschlusswege über die Aussetzung zur Bewährung entschieden werden.

Auch wenn der Jugendliche mehrere Straftaten begangen hat, setzt der Richter dem Erziehungsgedanken folgend nur eine bestimmte Rechtsfolge oder ein einheitlich aufeinander abgestimmtes Bündel von Maßnahmen fest. Bei mehreren Straftaten, die in verschiedenen Alters- und Reifestufen begangen worden sind, sodass teilweise Jungendstrafrecht, teilweise Erwachsenenstrafrecht anwendbar ist, muss der Richter nach pflichtgemäßen Ermessen abwägen, ob die Tatwurzeln und damit das Schwergewicht der Tat im Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht liegen.