Schweigeverteidigung. Das richtige Vorgehen.

Strafrecht und Justizvollzug
14.12.2010693 Mal gelesen
"Gott läßt dem Gerechtigkeit widerfahren, der schweigt"

Im Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitsverfahren ist dieses abgewandelte arabische Sprichwort aktueller den je: Das Schweigerecht des Beschuldigten ist das wichtigste Instrument der Strafverteidigung.

Ein gewisser negativer Beigeschmack des Schweigens ist gesellschaftlich zwar weit verbreitet, aber im Ergebnis unbegründet. Solange Sie nicht wissen, was gegen Ihre Unschuld spricht, können Sie nicht angemessen reagieren. Schweigen ist Ihr gutes Recht, das Recht zu schweigen ist rechtsstaatlich ebenso essenziell wie das Recht auf Anhörung. Bei der ersten Vernehmung sind dem Beschuldigten kaum Ermittlungsergebnisse bekannt. Alles, was jetzt gesagt wird, kann einen um Kopf und Kragen bringen, da die Ermittlungsbehörden i.d.R auf diese Unkenntnis spekulieren und den Nachweis der Tat durch geschickte Fragetechnik zu führen versuchen. Allzu leicht kann gerade hier ein Anfangsverdacht erhärtet oder erst geschaffen werden. Im schlimmsten Fall kann sogar ein überschießendes Geständnis vorliegen, welches Straftaten nachweist, die man ohne die Stellungnahme nicht erkannt hätte.

Schweigen bedeutet nicht, dass die Tat eingeräumt wird. Dies kann lediglich aus einem sog. Teilschweigen hergeleitet werden.

Ihre Personalien müssen Sie allerdings den Behörden mitteilen. Aber auch dabei ist sparsam mit Informationen umzugehen, da zu detaillierte Angaben z.B. zum Beruf bereits ein Einlassen zur Sache sein können.

Deshalb gilt:

Bis zur Akteneinsicht sollte keinerlei Einlassung erfolgen.

Danach hängt die Einlassung vom Einzelfall und der Beweislage ab. Ggf. ist sogar ein Geständnis angezeigt, um eine Strafmilderung zu erhalten. Erst wenn durch den Verteidiger Akteneinsicht genommen wurde, kann einvernehmlich entschieden werden, ob und wie Stellung zu den Tatvorwürfen genommen wird.

Sofern man sich bereits geäußert hat, ist dies in der Regel kontraproduktiv. Die Einlassung befindet sich in der Akte und darüber kann schwer hinweggesehen werden. Sofern man nun widerruft oder die Strafverfolgungsbehörden wegen dieser Aussage angreift, macht man sich zumindest unglaubwürdig.

Der Verteidiger stellt in jeder Hinsicht die "Waffengleichheit" im Strafverfahren her und schafft Ihnen durch das Mandat den notwendigen Abstand zur Angelegenheit.

Das Lügen eines Beschuldigen ist im Übrigen grundsätzlich straflos. Aber nicht im Zivilprozess, denn dort herrscht Wahrheitspflicht (ggf. Prozessbetrug), und auch nur bis zur Grenze einer Strafvereitelung zugunsten eines anderen Täters oder der falschen Verdächtigung.

Lesen Sie bitte auch meine Artikel "Verhalten im Ermittlungsverfahren und Strafverfahren" und "Kosten des Anwalts und Strafverteidigers im Strafverfahren".

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

e-mail: kanzlei@rechtsanwalthesterberg.de