Die Besteuerung der Rentner wird ernst:

Steuern und Steuerstrafrecht
05.08.20091725 Mal gelesen
Rund 3,3 Millionen Rentner sind nach Zahlen des Bundesfinanzministeriums mittlerweile zu einer Steuererklärung verpflichtet. Denn seit 2005 wird der zu versteuernde Rententeil Jahr für Jahr angehoben. Die Deutsche Rentenversicherung in Berlin weist darauf hin, dass sie Senioren auf Wunsch die Höhe der gezahlten Rente bescheinigt. Denn wie Arbeitnehmer müssen Rentenempfänger den steuerlich relevanten Bruttobetrag für das gesamte Jahr beim Finanzamt angeben.
 
 
 
Viele Rentner meinen aber immer noch, dass die Rente nicht besteuert wird. Das ist einerseits verständlich, weil der Systemwechsel in der Rentenbesteuerung seit 2005 von vielen Menschen noch gar nicht erkannt wurde. Andererseits gilt aber: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht ! Jetzt wird es ernst: Die Finanzämter werden bald dazu übergehen, über das Bundeszentralamt für Steuern durch zentrale Datenübermittlung überprüfen, ob die Rentner ihrer Steuerpflicht nachkommen. Wer erwischt wird, muss sich auf ein Steuerstrafverfahren einstellen.
 
 
 
Alterseinkünftegesetz, Steueridentifikationsnummer, Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und zentrale Datenübermittlung.
Seit dem 1. Januar 2005 ist das Alterseinkünftegesetz in Kraft. Bis dahin war für die meisten Rentner ihre Rente steuerfrei. Die weit verbreitete Auffassung, die Renten seien weiterhin steuerfrei, ist nicht zutreffend. Die flächendeckende Durchsetzung der Besteuerung auch der Altersrenten wird relativ schnell ein akutes Problem der Altersrentner selbst, insbesondere aber ihrer familiären und besonders der institutionellen Betreuer werden.
Besteuerung der Bestandsrentner
§ 22 Nr. 1 Satz 3a, aa EStG 2005. Rentner, die bereits 2004 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen haben und weiter beziehen (Bestandsrentner), werden ab 2005 wie folgt besteuert: 50 % der Jahresbruttorente 2005 (die zugeflossenen Rentenbeträge einschließlich der Auszahlung einbehaltener eigener Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung ohne die steuerfreien Zuschüsse und folgende Jahre sind steuerfrei; die anderen 50% werden als Sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG der Besteuerung unterworfen. Der 50 % -Satz bleibt bis zum Rentenende beibehalten.
Beispiel: Rentner bezieht seit 2004 Jahresrente von 12.000,00 ?. Besteuerung 2005: 50% der Jahresrente, also 6.000,00 ? abzüglich Werbungskosten etc.
 
Besteuerung der Neurentner
§ 22 Nr. 1 Satz 3a aa. EStG 2005. Liegt der Rentenbeginn im Jahr 2005, gilt die Besteuerung wie bei den Bestandsrentnern. Neurentner ab 2006 wachsen schrittweise in die steuererhöhende nachgelagerte Besteuerung hinein. Der steuerpflichtige Rentenanteil steigt ab 2006 von 52 % bis zum Jahr 2040 auf 100 %. Der Prozentsatz der Besteuerung bleibt ab Rentenbeginn für den Rest der Rentenlaufzeit konstant. Der lebenslängliche Rentenfreibetrag berechnet sich aus der Bezugsgröße des zweiten Kalenderjahres der bezogenen Rente nach Rentenbeginn (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Sätze 3 bis 5 EStG). Bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte ist ggf. der Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 102 ? zu berücksichtigen, sofern der Steuerpflichtige keine höheren Aufwendungen nachweist (§ 9a Nr. 3 EStG).
 
Es scheint noch nicht recht im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen zu sein, dass nach § 139 VI der Abgabenordnung ab dem 01.07.2007 anstelle der bisherigen Steuernummer ein bundesein­heitliches Ordnungsmerkmal eingeführt werden wird:
StIdVO Steueridentifikationsnummernverordnung
§ 1 Zeitpunkt der Einführung, Aufbau
Die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung wird zum 1. Juli 2007 eingeführt; sie besteht aus zehn Ziffern und einer Prüfziffer als elfter Ziffer.
Herzstück im Informationsgesetz ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), wo die Daten von 82 Millionen Bürgern gespeichert werden. Zu diesem Zweck haben die Meldebehörden gemäß § 139b Abs. 6 Abgabenordnung jedem registrierten Einwohner ein vorläufiges Bearbeitungsmerkmal zu geben, das dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt wird. Von dort aus erhalten die Meldeämter die zugeteilte Identifikationsnummer zur Speicherung im Melderegister.
Die neue Kennziffer gilt für die Rentenbezugsmitteilung nach § 22 a Einkommensteuergesetz sowie bei der EU-Zinsrichtlinie. Aus diesem Grund übermittelt das Bundeszentralamt die ID-Nummer auch an die privaten und gesetzlichen Rentenversicherungsträger, von wo aus Informationen über die aktuellen Rentenbezüge der Versicherten an die Rentenversicherung Bund weitergeleitet werden. Die Finanzämter können mit dieser Stelle unmittelbar und die Sozialbehörden mittelbar über die Finanzämter einen Datenabgleich vornehmen. Die Verwendung einer einheitlichen Nummer stellt dabei sicher, dass die Behörden bei diesem Verfahren auch nicht aneinander vorbeireden. Gleichzeitig wird die Meldefrist der Versicherer vom 31.05. auf den 01.03. eines Jahres vorverlegt und die Datenübermittlung zwingend auf den Online-Verkehr umgestellt.
Die ersten Auswirkungen dieses neuartigen Informationsaustauschs werden solche Rentner zu spüren bekommen, welche seit dem 01.01.2005 in die Besteuerung ihrer Bezüge hineingerutscht sind und welche diese nicht gegenüber ihrem Finanzamt erklärt haben. Für diese Pensionäre stehen die Chancen auf Post, auch auf Besuch von der Steuerfahndung gut.
Was deutet auf diese Gefahr hin, was sollte man tun, wer kann das machen:
Bisher wurden (vermutlich) keine Steuererklärungen für den Rentner abgegeben. Ältere Menschen können sehr überzeugend erklären, dass sie natürlich immer Steuererklärungen abgegeben haben. Im günstigsten Fall vergessen sie dabei Zinserträge (Luxemburg, Schweiz) aus Anlagen, die ihnen in den 80iger und 90iger Jahren aufgeschwätzt worden sind.
In jedem Fall sollte ab 1.05. 2005 die Besteuerung der Renten nachgeprüft werden. Dabei sollte wenigstens auch das allgemeine Girokonto auf Zuflüsse durchgesehen werden, die auf weitere Einkünfte hindeuten (Zinserträge aus dem Ausland, von anderen Konten und Banken, größere Bareinzahlungen, Abflüsse auf Sparkonten usw.). Das ist wenigstens Anlass, die Vorgeschichte zu erforschen.
 
Falls auch nur ein Punkt bejaht werden kann, kommt ernsthaft in Betracht, eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) in Erwägung zu ziehen. Das sollte man schnellstens mit einem im strafrechtlichen Vorverfahren erfahrenen Steuerstrafrechtlicher sehr gründlich besprechen.
Der Steuerstrafverteidiger ist als Rechtsanwalt zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet. Er darf über das vertrauliche Gespräch nichts und niemandem berichten, sofern der Auftraggeber nicht seine Zustimmung erteilt.
Es macht wenig Sinn, in einer solchen Situation ohne ernsthafte Kenntnis und Erfahrung Steuerrecht zu lernen. Wenn eine "Altlast" zu vermuten ist, dann sollte sie schnell "geborgen" und neutralisiert, also im Wege der strafbefreienden Selbstanzeige steuerlich erklärt werden. Dabei fallen die bisher nicht gezahlten Steuern, Hinterziehungszinsen und Kosten und Honorar des Steuerstrafverteidigers an. Scheitert die Selbstanzeige oder wird sie bewusst unterlassen, kommen Strafe, Verfahrenskosten etc. hinzu.
Die Geschichte solcher Verfahren lehrt, dass die beschriebene Steuerhinterziehung oft erst nach langer Zeit aufgedeckt wird. Könnte man als Betreuer oder auch nur beteiligter Verwandter des Rentners einfach warten (auf das Erbe aus der Schweiz) ? Der Betreuer wäre schnell strafrechtlicher Gehilfe des Rentners, der nach § 71 AO für die verkürzten Steuern haftet.
Ergebnis: Wenn Oma Hilde, 95 Jahre alt, rüstig, aber auch vergesslich, in ihrem Aktenheim lebt und sie oder ihre Kinder vergessen haben, die vielleicht 150,00 ? für die Rente 2005 zu erklären, die sie als "Bestandsrentnerin" hätte erklären (und auch zahlen) müssen, dann sollte das zügig nachgeholt werden. Die entsprechende Erklärung für 2006 ist auch eilig fertig zu stellen (die Abgabefrist für nicht steuerlich beratene Bürger ist mit dem 31.05. 2007 abgelaufen. Dringender Rat: Es bleibt eine Selbstanzeige, weil für 2005 noch nicht erklärt ist, daher steuerlichen und strafrechtlichen Rat des Steuerstrafrechtlers einholen. Die Selbstanzeige entfaltet z.B. keine Wirkung, wenn sie nicht bei dem zuständigen Finanzamt eingeht.
Wer so frühzeitig das Problem löst, wird keine ernsthaften Schwierigkeiten und Kosten haben. Wer wartet und "hofft", muss sich im Klaren darüber sein, dass Oma Hilde in überschaubarer Zeit sterben wird. Sie wird möglicherweise ein stattliches Erbe von nicht versteuerten Zinserträgen aus Luxemburg, Zahngold aus der Schweiz vom längst verstorbenen Opa, der Zahnarzt war und das längst von der Kindern bewohnte Hausgrundstück hinterlassen. So ein Erbe kann eine teure Last werden, die man frühzeitig entschärfen sollte. Für den Notfall ein eher zwiespältiger Rat: Man kann so ein Erbe innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis ausschlagen (aber: § 1944 BGB, Formvorschrift und Frist beachten).