Beamtenrecht – Disziplinarverfahren: Auch gegen "kleine" Vorwürfe vorgehen

Staat und Verwaltung
16.03.20108221 Mal gelesen
 
 
Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass es für Beamte auch dann schon wichtig sein kann, sich konsequent gegen Disziplinarvorwürfe zu verteidigen, wenn es nur um "kleine" Dienstvergehen geht, die für sich genommen nur einen (scheinbar harmlosen) Verweis nach sich ziehen.
 
Denn manche Behörden erwecken beim unbefangenen Beobachter den Eindruck, dass sie das Instrument des Disziplinarverfahrens gezielt als Mittel des Personalabbaus einsetzen, indem sie solche "kleinen" Verweise gewissermaßen sammeln, um zu gegebener Zeit gegen den betreffenden Beamten in aller Schärfe vorgehen zu können. Angesichts mehrerer kleinerer Dienstvergehen wird dann zu gegebener Zeit der Vorwurf beharrlicher Pflichtverletzung erhoben der zu einem endgültigen Vertrauensverlust führen und die endgültige Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen soll. Bei dieser Ausgangslage droht schnell eine vorläufige Suspendierung und eine Kürzung der Dienstbezüge.
 
Stellt sich jedoch später heraus, dass diese Verweise zu Unrecht ausgesprochen wurden, kann es schwierig werden, eine rechtskräftige Disziplinarverfügung wieder aus der Welt zu schaffen. Wichtig ist deshalb in jedem Einzelfall die Überprüfung, ob die vermeintliche Pflichtverletzung überhaupt ein Dienstvergehen darstellt und einen Verweis oder gar eine schärfere Sanktion rechtfertigt.
 
Beispiele aus der Rechtsprechung:
 
  • Krankschreibung: Bisweilen wird kontrolliert, ob der Beamte in dieser Zeit das Haus verlässt. Dies braucht nicht unbedingt pflichtwidrig zu sein. Ein Beamter, der krank geschrieben ist und in dieser Zeit keinen Dienst leisten muss, braucht nicht zwangsläufig das Haus zu hüten. Auch ein Konzertbesuch in dieser Zeit stellt nicht ohne weiteres eine Dienstpflichtverletzung dar (VG Hannover, B.v.23.11.2006, 18 B 7877/06). Zu einer Pflichtverletzung wird ein außerdienstliches Verhalten erst dann, wenn der Beamte trotz Krankschreibung seinen Genesungsprozess gefährdet. Dann würde er die Pflicht zur Gesunderhaltung verletzen. Dies wäre disziplinarrechtlich selbstverständlich relevant.
  •  Das gleiche gilt selbst dann, wenn er während der Krankschreibung eine (erlaubte) Nebentätigkeit ausübt. Auch dies ist nicht per se verboten. Pflichtwidrig wird es erst dann, wenn der Beamte dadurch die Heilung verzögert oder gefährdet. So kann z.B. eine während der Freistellung vom Dienst weiterhin ausgeübte Aufsichtstätigkeit bei einer Schulteroperation den Genesungsprozess nicht beeinträchtigen (VG Lüneburg, Beschluss vom 05.10.2004, 10 A 3/04).
  • Auch Fehler, die dem Beamte im Rahmen der Sachbearbeitung unterlaufen, sind nicht zwangsläufig Dienstvergehen, die das Ansehen in das Beamtentum oder das Vertrauen des Dienstherren beeinträchtigen und eine disziplinarische Ahndung erfordern. Bloße "Unkorrektheiten" stellen noch kein Dienstvergehen dar (VG Osnabrück,Urteil vom 23.11.2009, 9 A 5/09).
 
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