Privatisierung traditioneller Volksfeste unzulässig

Staat und Verwaltung
28.08.20091718 Mal gelesen

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die von der Kanzlei hünlein rechtsanwälte (www.huenlein.de) geführte Revision mit Urteil des 8. Senats vom 27.05.2009 (BVerwG 8 C 10.08) entschieden, dass Gemeinden kulturell, sozial und traditionsmäßig bedeutsame Volksfeste (hier: Offenbacher Weihnachtsmarkt), die bisher in kommunaler Verantwortung betrieben wurden, nicht privatisiert werden dürfen und hierzu festgestellt, dass sich Gemeinden nicht ihrer insoweit bestehenden Aufgabenverantwortung entziehen können.

Der Senat ist damit der von der Kanzlei hünlein rechtsanwälte durch drei Instanzen vertretenen Rechtsauffassung gefolgt und hat das vorausgegangene Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 17.04.2008 aufgehoben.
 
Das BVerwG stellt in seiner Entscheidung im wesentlichen darauf ab, dass es Gemeinden keineswegs freistehe, "sich ohne weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu entledigen". Vielmehr müssen sich Gemeinden grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anderen übertragen wollen. Das BVerwG stellt ausdrücklich fest, "dass eine vollständige Übertragung von Aufgaben besonderer sozialer, kultureller und traditioneller Prägung wie ein Weihnachtsmarkt, an Dritte nicht zulässig ist". Die Veranstaltung solcher Volksfeste gehört nach Auffassung des BVerwG zur Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, zumal bei derartigen Volksfesten bzw. Weihnachtsmärkten die wirtschaftlichen Belange eindeutig zurücktreten.
 
Die Entscheidung hat zur Folge, dass es Gemeinden zukünftig verwehrt ist, die Veranstaltung traditionsbildender bzw. traditioneller Volksfeste mit kommunalpolitischer Relevanz zu privatisieren bzw. vollständig auf Dritte zu übertragen. Soweit Kommunen derartige Privatisierungen bereits vorgenommen haben, dürften diese, jedenfalls bei Vorliegen der in der Entscheidung genannten Voraussetzungen, unzulässig bzw. rechtswidrig sein, mit der Folge, dass auch in derartigen Fällen Kommunen jedenfalls zukünftig wieder selbst zumindest Einfluss auf die Ausgestaltung haben und insbesondere die Entscheidung über die Zulassung von Bewerbern/Marktbeschickern wieder selbst treffen müssen. Für Betroffene bzw. nicht zugelassene Bewerber heißt das, dass zukünftig auch in Fällen vermeintlicher Privatisierung derartiger Volksfeste wieder der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist und daher evtl. Klagen bzw. Eilanträge auf Zulassung zu Volksfesten gegen die Kommunen vor den Verwaltungsgerichten geführt werden können.
 
 
Klaus Hünlein, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht