Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sind ruhegehaltsfähig

Staat und Verwaltung
26.07.2014915 Mal gelesen
Das Verwaltungsgericht Bremen hat entschieden, dass die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG, wonach Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres nicht ruhegehaltfähig sind, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung der Richtlinie 2000/78/EG verstößt und bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge nicht anzuwenden ist.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte versetzte die Klägerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Bei der Festsetzung des Ruhegehalts ließ sie unter anderem die Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres unberücksichtigt. Die Klägerin machte geltend, die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG, nach der Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres nicht berücksichtigt werden könnten, sei europarechtswidrig und aufgrund des Verstoßes gegen die Richtlinie 2000/78/EG nicht anzuwenden. Für eine Diskriminierung der vor dem 17. Lebensjahr verbrachten Dienstzeiten sei keine sachliche Rechtfertigung denkbar. Die Verwirklichung einer Höchstgrenze der Beamtenversorgung sei bereits in § 14 Abs. 1 BeamtVG geregelt.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen

Das Verwaltungsgericht Bremen gab der Klägerin recht. Es stellte fest: "Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG stellt eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2000/78/EG dar. Die Vorschrift führt dazu, dass Ruhestandsbeamte, die bereits vor Vollendung ihres 17. Lebensjahres in das Beamtenverhältnis berufen wurden, eine weniger günstige Behandlung erfahren als solche, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres berufen wurden. Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Der Europäische Gerichtshof hat eine ähnliche Regelung des österreichischen Rechts, die bei der Festlegung der Dienstaltersstufen von Vertragsbediensteten des öffentlichen Dienstes eines Mitgliedstaats die Berücksichtigung von vor Vollendung des 18. Lebensjahrs liegenden Dienstzeiten ausschließt, als unangemessen und inkohärent im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG angesehen (EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-88/08 in NVwZ 2009, 1089)." (vgl. VG Bremen, Urteil vom 17. Februar 2014 - 2 K 1907/10 -, juris). Gegen seine Entscheidung hat das Gericht allerdings die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Fazit:

Beamte, die derzeit einen Versorgungsfestsetzungsbescheid erhalten, sollten unter Hinweis auf das Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts Widerspruch einlegen, um bei einer positiven Präzedenzfallentscheidung keine Rechtsnachteile zu erleiden. Mitgeteilt und bearbeitet von Rechtsanwalt Jan General, www.kanzlei-general.de, (Mitglied der Bundesvereinigung Öffentliches Recht, BOER e.V.).