Beamtenrecht - Disziplinarverfahren – vorläufige Suspendierung - Kürzung der Bezüge

Staat und Verwaltung
27.07.20131843 Mal gelesen
Nach Einleitung des Disziplinarverfahrens kann eine vorläufige Dienstenthebung erfolgen, wenn eine Entfernung aus dem Dienst wahrscheinlich ist. Zugleich können die Bezüge gekürzt werden. Was geschieht, wenn in einem solchen Fall vergessen wird, die gekürzten Bezüge tatsächlich einzubehalten?

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einem solchen Fall durch Beschluss vom 12.12.2012 die teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen ausgesetzt.

Antragsschrift nach § 63 BDO

VG Göttingen - Beschluss vom 12.12.2012 - 9 B 2/12

In dem Verfahren ging es um einen Bundesbeamten, gegen den seit 1999 ein Disziplinarverfahren anhängig war. Die Anschuldigungsschrift wurde mit Schriftsatz vom 05.06.2009 beim Verwaltungsgericht Göttingen eingereicht. Das Verwaltungsgericht setzte das Disziplinarverfahren durch Beschluss vom 16.12.2010 (9 A 1/09) aus, weil die Anschuldigungsschrift erhebliche Mängel aufwies. Die Disziplinarbehörde hatte im Zuge des Disziplinarverfahrens erst mit Verfügung vom 22.8.2007 die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge in Höhe von 20 % angeordnet. Diese Verfügung wurde nicht umgesetzt. Der Beamte erhielt seine Bezüge ungekürzt weiter. Erst mit Schreiben vom 09.05.2012 meldete sich das Bundesverwaltungsamt bei ihm und kündigte an, die bisher nicht durchgeführte Besoldungskürzung einzubehalten bzw. überzahlte Bezüge zurückzufordern. Insgesamt ging es um knapp 55.000 €.

Gegen die Einbehaltung der Dienstbezüge stellte der Beamte einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Göttingen, dem das Gericht stattgab. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt, dass die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge voraussetze, dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Diese Disziplinarmaßnahme müsse bei einer summarischen Prüfung des Sachverhalts wahrscheinlicher sein als eine mildere Maßnahme. Im vorliegenden Fall sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht wahrscheinlicher als die Verhängung einer unterhalb dieser Höchstmaßnahmen liegenden Disziplinarmaßnahme. Die Behörde betreibe das Disziplinarverfahren seit mehr als 13 Jahren. Eine Anschuldigungsschrift sei nach zehnjährigen Ermittlungen im Juni 2009 vorgelegt worden. Darin seien Tatsachen verwertet worden, zu denen sich der Beamte weder in den Vorermittlungen noch in der Untersuchung habe äußern können. Darüber hinaus habe das Gericht in einem Aussetzungsbeschluss vom 16.12.2010 (9 A 1/09) im einzelnen aufgezeigt, dass das Disziplinarverfahren an weiteren erheblichen Verfahrensmängeln leide. Nach Aussetzung des Verfahrens sei offen, ob es überhaupt zu einer erneuten Anschuldigung komme und welche Vorwürfe in diesem Fall noch gegen den Beamten erhoben werden. Auf telefonische Nachfrage im März sei dem Gericht mitgeteilt worden, dass das Verfahren "in Bearbeitung" sei. Unter diesen Umständen könne keine Rede davon sein, dass die Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

 

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