Gebäudereiniger: Gefahr der Scheinselbstständigkeit bei Solo-Selbstständigen/Alleinunternehmern

Soziales und Sozialversicherung
02.01.20143894 Mal gelesen
Für Solo-Selbstständige/Alleinunternehmer besteht in einigen Branchen die Gefahr der Scheinselbstständigkeit. Auftraggeber riskieren, nachträglich zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen zu werden. Eine Gewerbeanmeldung garantiert keinen Schutz. Risikoträchtig ist z.B. die Gebäudereinigung.

Dies zeigt eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19.1.2010 (L 5 R 923/08) über den sozialversicherungsrechtlichen Status einer selbstständigen Reinigungskraft. Klägerin des Verfahrens war ein Unternehmen der Gebäudereinigung und -bewachung. welches einen Subunternehmer mit Reinigungsarbeiten beauftragt hatte. Dieser hatte als Alleinunternehmer einen selbstständigen Reinigungsbetrieb als Gewerbe angemeldet. Zwischen den Parteien war ein Rahmenvertrag abgeschlossen worden, wonach der Subunternehmer u.a. im Außenverhältnis gegenüber den Kunden als Mitarbeiter der Klägerin auftreten sollte. Zur Ausführung der Reinigungsaufträge erforderliche Maschinen, Geräte und Materialien sollten ihm gestellt werden.

Der Subunternehmer beantragte die Klärung seines sozialrechtlichen Status. Dabei gab er an, neben der Klägerin für weitere 3 Auftraggeber tätig zu sein, keine eigene Werbung zu betreiben und nur minimal Kapital einzusetzen. Als Vergütung erhalte er 70-80 % der Vergütung, die seine Auftraggeber für Reinigungsarbeiten erhalten. Er könne seine Zeit frei einteilen und die Arbeit frei gestalten: Er arbeite nicht am Betriebssitz der Klägerin, sondern entscheide selbst, welche Objekte er reinige. Er disponiere unabhängig von zeitlichen und technischen Vorgaben der Klägerin und richte sich ausschließlich nach den Gegebenheiten vor Ort. Absprachen würden zwischen ihm und den Kunden der Klägerin direkt vor Ort am jeweiligen Reinigungsobjekt getroffen.

Der Versicherungsträger stellte daraufhin ein abhängiges und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, da der Subunternehmer kein eigenes Kapitaleinsätze und kein unternehmerisches Risiko trage. Es bestehe kein Verlustrisiko, da er ausschließlich seine eigene Arbeitskraft einsetze. Die Reinigungsarbeiten erbringe er in der Praxis nur höchstpersönlich. Eigene Beschäftigte habe er nicht. Seine Gewerbeanmeldung sei zwar ein Indiz für selbständige Tätigkeit, die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung würden jedoch überwiegen.

Das Sozialgericht München wies die hiergegen erhobene Klage ab. Das Landessozialgericht änderte das Urteil teilweise aus formellen Gründen ab, bestätigte im Ergebnis allerdings die sozialversicherungsrechtliche Bewertung, weil der Subunternehmer schon nach dem Rahmenvertrag nach außen als Mitarbeiter seiner Auftraggeberin auftreten sollte. Damit hätten die Vertragsparteien selbst festgelegt, dass ein wesentliches Kriterium für die selbständige Unternehmertätigkeit jedenfalls im Außenverhältnis nicht vorhanden sein dürfte. Der Subunternehmer habe im wesentlichen keine eigenen Betriebsmittel eingesetzt, insbesondere nicht für die Reinigungstätigkeiten. Allein die Nutzung eines eigenen PKW können nicht als unternehmerische Tätigkeit gewertet werden, denn die Fahrt zur Arbeitsstätte mit eigenem PKW sei arbeitnehmerüblich. Für die Ausgestaltung der Reinigungsarbeiten habe er von der Auftraggeberin Vorgaben in Gestalt eines Leistungsverzeichnisses erhalten. Auch der jeweilige Ort der Reinigungsarbeiten und die Art der Reinigung (Raum- oder Fensterreinigung, Teppich- oder Sonderreinigung) seien ihm vorgegeben gewesen. Die Gewerbeanmeldung als Merkmal einer selbstständigen Tätigkeit trete dahinter zurück.

 Diese Entscheidung bestätigt einen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts, wonach es nicht darauf ankommt, ob die Parteien eine Selbstständigkeit übereinstimmend wollen und vertraglich vereinbaren, sofern die tatsächlichen Verhältnisse von den Vereinbarungen abweichen.

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