Probleme beim Krankengeld - 78-Wochen-Frist

Soziales und Sozialversicherung
05.06.20132768 Mal gelesen
In den letzten Wochen berichteten die Medien wiederholt über Fälle, in denen Versicherte Probleme mit der Bewilligung von Krankengeld haben, weil Krankenkassen unvermittelt die Leistung einstellen. Für Bezieher von Krankengeld ist es wichtig, die Leistungsvoraussetzungen zu kennen.

Das Gesetz bietet diverse Möglichkeiten, in den Bezug von Krankengeld einzugreifen. Eine davon ist die Definition der Erkrankung. Krankengeld wird für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit längstens für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gewährt (sog. Blockfrist).

Ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein Versicherter wird am 29.6.2010 wegen einer COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) arbeitsunfähig und bezieht Krankengeld. Die 3-Jahres-Frist endet am 28.06.2013. Das bedeutet, dass innerhalb dieser Frist für dieselbe Erkrankung nur für 78 Wochen Krankengeld bewilligt wird.

Während der Arbeitsunfähigkeit wegen COPD diagnostizierte ein Vertretungsarzt neben der COPD unter anderem eine Neurasthenie. Diese ist im ICD-10 Kapitel F den psychischen Erkrankungen zugeordnet. Gemeint hatte der Arzt allerdings nichts anderes, als eine mit der COPD verbundene psychogene Erschöpfung, aber keine eigenständige seelische Erkrankung.

Vor Ablauf von 78 Wochen wurde der Versicherte wieder arbeitsfähig, erkrankte jedoch wenige Monate später erneut, diesmal wegen einer auf einem Trauma beruhenden (echten) Depression. Die Krankenkasse entschied nach Befragung des medizinischen Dienstes, dass es sich bei dieser Depression und der Neurasthenie um dieselbe Erkrankung handelt, rechnete also die Depression auf die 78-Wochen-Frist an.

Folge: die Zahlung des Krankengeldes wurde nach Ablauf der vermeintlichen Höchstbezugsdauer von 78 Wochen zum 29.05.2012 eingestellt. Im Widerspruchsverfahren kam es deshalb darauf an, den fehlenden Zusammenhang zwischen Neurasthenie und Depression aufzuklären, um durchzusetzen, dass eine neue 78-Wochen-Frist mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit wegen Depression einsetzt.

Den grundsätzlich ist die Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums die Ausnahme.

Der Widerspruch hatte Erfolg.

Weitere Information:  Darf die Krankenkasse zur Stellung eines Reha-Antrages oder sogar eines Rentenantrags auffordern?

 

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