Bei der Auslegung von AVB ist die Sicht des "durchschnittlichen Versicherungsnehmers" maßgebend

Soziales und Sozialversicherung
15.10.20101060 Mal gelesen

Bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ist entscheidend, wie ein "durchschnittlicher Versicherungsnehmer" diese seitenlangen Klauselwerke bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des dabei erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dies ist absolut gefestigte Rechtsprechung des BGH.

Dennoch musste das OLG Koblenz in einem Berufungsurteil vom 04. September 2009 (10 U 1350/08) erneut deutliche Hinweise zu Papier bringen: In dem zu entscheidenden Fall hatte sich ein Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung die Schulter gebrochen, was zu einer Funktionsunfähigkeit des Schultereckgelenks (sog. Kugelgelenk) führte, nicht aber zur Funktionsunfähigkeit des zum Schultergürtel ebenfalls gehörenden Schulterblatts nebst Schlüsselbein. Das vorinstanzliche Landgericht Koblenz hatte sich bei der Auslegung der AUB 88 auf ein medizinisches Gutachten gestützt. Danach müsse das "Schultergelenk" im Sinne des § 7 I. Abs. 2 Nr. a AUB 88 als Schultergürtel verstanden werden. Ist lediglich das Kugelgelenk - also nur ein Teil des Schultergürtels - funktionsunfähig, so sei die Invaliditätsentschädigung entsprechend verringert zu bemessen.

Dem ist der Senat des OLG Koblenz entgegengetreten und hat auf die gefestigte Rechtsprechung des BGH verwiesen. Unter einem "Schultergelenk" verstehe ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer das Kugelgelenk des Schultergürtels zwischen Schulterblatt und Oberarmknochen, in dem sich die Vorderextremität bzw. der Oberarm dreht. Demnach stehe dem Versicherungsnehmer eine Invaliditätsentschädigung dem vollen Armwert nach zu. Noch ein wichtiger Hinweis: Die Gliedertaxe in den AUB stellt nur auf den Sitz der Schädigung ab und nicht auf den Ort auf den sich die Schädigung auswirkt. Deswegen kam es im besprochenen Fall auch nur auf die Funktionsfähigkeit des Schultergelenks und nicht etwa auf die des Armes an. Unsere Versicherungsrechtler beraten und vertreten Sie gern in jeder Unfallversicherungsangelegenheit.

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