Hat ein Versicherer einmal die Berufsunfähigkeit eines Versicherungsnehmers (VN) anerkannt, ist er an diese Entscheidung gebunden. Will er von dieser Entscheidung loskommen und seine Leistungen einstellen, muss er ein sog. Nachprüfungsverfahren nach § 7 der Versicherungsbedingungen (BUZ) durchführen. Erst wenn diese Nachprüfung ergibt, dass sich die Lage des Versicherungsnehmers gebessert hat (z.B. Besserung des Gesundheitszustands, Erwerb neuer beruflicher Kenntnisse, so dass Verweisung auf Vergleichsberuf möglich ist), darf der Versicherer die Leistung einstellen oder einschränken.
So geschehen in einem kürzlich veröffentlichten Fall des OLG Karlsruhe: der Versicherungsnehmer war wegen einer schweren Depression mit sog. Burn-out-Syndrom erkrankt und erhielt Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Nach 6 Jahren überprüfte der Versicherer seine Leistungspflicht erneut und kam zum Ergebnis, dass der Versicherungsnehmer nur noch zu 10-15 Prozent beeinträchtigt sei. Er zahlte daraufhin keine BU-Renten mehr aus.
Zu Unrecht, so das OLG Karlsruhe. Denn der Versicherer hatte die Leistungseinstellung nicht nachvollziehbar begründet. Es fehlte eine Vergleichsbetrachtung, in der der gesundheitliche Zustand des Versicherten zum damaligen und heutigen Zeitpunkt verglichen wird. Die Ausführungen des Versicherers waren zu allgemein gehalten. Der Versicherer wurde daher zur Zahlung der BU-Leistungen verurteilt.
Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.07.2008, 12 U 22/08
Dr. Finzel, Rechtsanwalt / Fachanwalt für Versicherungsrecht