Das neue Verbraucherrecht ab dem 13.06.2014

Reise und Verbraucherschutz
08.05.20143755 Mal gelesen
Wie bereits in den vergangenen Wochen des Öfteren thematisiert tritt am Freitag, den 13. Juni 2014 der zweite Teil des Gesetzes zur Umsetzung der EU- Verbraucherrichtlinie in Kraft. Der erste Teil des Gesetzes wurde bereits vor rund zwei Jahren zum 01.08.2012 im Wege der so genannten „Button- Lösun

Die neuen Regelungen verfolgen das von der EU angestrebte Ziel der vollständigen Harmonisierung des Verbraucherschutzrechts innerhalb der EU- Staaten. Als wesentlicher Bestandteil der anstehenden Änderungen wird das Widerrufsrecht vollständig reformiert. Des Weiteren werden die bislang geltenden Informationspflichten neu ausgestaltet. Die gesetzlichen Neuregelungen machen nicht nur die vollständige Überarbeitung der Widerrufsbelehrung, sondern darüber hinaus die Neugestaltung und Ergänzung der bislang in den Onlineshops vorgesehen Verbraucherinformationen notwendig. Die nachfolgenden Informationen sollen eine kurze Übersicht über die anstehenden Veränderungen geben.

  1. Die Änderung des Widerrufrechts
 

Im Zuge der gesetzlichen Neuregelungen erfährt das derzeitige Widerrufsrecht die weitreichendsten Änderungen. Diese sehen zusammengefasst wie folgt aus:

 

-       Der Verbraucher hat zukünftig im Falle des Widerrufs die Kosten der Rücksendung stets zu tragen, sofern vorher in der Widerrufsbelehrung darauf hingewiesen wurde. Der bislang bestehende Schwellenwert von EUR 40,- pro Ware ("40 Euro Klausel") entfällt damit vollständig.

 

-       Die Hinsendekosten müssen bei Ausübung des Widerrufs dem Käufer weiterhin vollständig erstattet werden, allerdings nur zum Preis der im Shop am günstigsten angebotenen Standardlieferung. Darüber hinausgehende Kosten wie z.B. Express- oder Nachnamezuschläge müssen dem Käufer zukünftig nicht erstattet werden.

 

-       Für die Ausübung des Widerrufs ist es zukünftig nicht mehr ausreichend, die Ware einfach an den Verkäufer zurückzusenden. Der Käufer muss seinen Widerruf zukünftig auch eindeutig erklären. Zwar muss das Wort "Widerruf" nicht ausdrücklich erwähnt werden, aus der Erklärung des Käufers muss sich jedoch eindeutig die Absicht, vom Widerrufsrecht Gebrauch machen zu wollen, entnehmen lassen. Die Angabe der Gründe für den Widerruf ist jedoch auch zukünftig nicht notwendig.

 

-       Aufgrund der Notwendigkeit der ausdrücklichen Widerrufserklärung fällt das bislang bestehende einfache Rückgaberecht des Verbrauchers ersatzlos weg. Die bloße Rücksendung der Ware durch den Verbraucher reicht zukünftig zur Ausübung des Widerrufs nicht mehr aus.

 

-       Der Verbraucher ist über das Bestehen eines Musterformulars zu informieren, dass zur Ausübung des Widerrufs genutzt werden kann. Das Musterformular ist dem Verbraucher zukünftig im Webshop zum Download und/oder Ausdruck bereit zustellen. Alternativ kann das Formular elektronisch direkt zum Ausfüllen und Absenden im Webshop bereitgestellt werden. Im Fall der Onlineübermittlung muss dem Verbraucher der Zugang des Widerrufs unverzüglich per Email bestätigt werden. (Empfangsbestätigungsemail).

 
  1. Die neuen (alten) Ausnahmen vom Widerrufrecht

Bereits in der bestehenden Form sieht das Widerrufsrecht zahlreiche Ausnahmen vor, bei denen der Verbraucher an der Ausübung eines Widerrufsrechts gehindert ist. Diese bislang geltenden Ausnahmetatbestände wurden nunmehr durch den Gesetzgeber neu formuliert und um einige Ausnahme ergänzt. Aufgrund der teilweisen vagen Formulierung wird wohl erst durch die Gerichte konkretisiert werden müssen, welche Waren letztendlich wirklich von den Ausnahmevorschriften umfasst sind. Die wichtigsten neuen Ausnahmeregelungen lassen sich wie folgt darstellen:

 

o   Nach Verbraucherspezifikation oder Verbraucherbedürfnis angefertigte Ware

Die neue Regelung knüpft grundsätzlich an die bisher bestehende Ausnahmevorschrift an. Der Wortlaut der Ausnahmevorschrift wurde nun jedoch etwas weitgehender gefasst. Sie erfasst demnach u.a. alle Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist. Welche Produkte darunter fallen, wird im Einzelfall von den Gerichten zu klären sein.

 

o   Nicht zur Versendung geeignete Artikel

Die bisher geltende allgemein gehaltene Ausnahme bezüglich solcher Artikel, die nach Ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeignet sind, entfällt vollständig. Stattdessen bezieht sich die Ausnahme auf versiegelte Ware, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nach Entfernung des Siegels nicht zur Rückgabe geeignet sind.

Diese Regelung betrifft auf jeden Fall steril verpackte Produkte, jedoch auch sonstig versiegelte Hygieneartikel. Wie bisher nicht umfasst sind jedoch an der Haut getragene Kleidung wie Unterwäsche oder Badeanzüge.

Unklar ist weiterhin, ob auch nach neuer Gesetzeslage ein allgemeiner Hinweis im Rahmen der Widerrufsbelehrung auf den Ausschluss oder Wegfall des Widerrufsrechtes ausreichend sein wird. Bis zur Klärung dieser Rechtsfrage ist zu empfehlen, den Hinweis auf das Nichtbestehen oder Entfall des Widerrufsrechts zukünftig produktbezogen im Zuge der Artikelbeschreibung zu erteilen.

  1. Neue Regelung für zum Download angebotene digitale Inhalte

Nach bisheriger Rechtslage wurden zum Download bereitgestellte und nicht mittels eines körperlichen Datenträgers gelieferte digitale Inhalte (Software per Download, PDF- Daten per Email, Apps etc.), nach herrschender Rechtsauffassung nicht vom Widerrufsrecht erfasst. Diese Regelung ändert sich mit der gesetzlichen Neuregelung grundlegend. Nach neuer Rechtslage besteht auch an derartigen Produkten grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers erlischt jedoch, nachdem der Verbraucher

 

o   ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und

o   seine Kenntnis davon bestätigt, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages sein Widerrufsrecht verliert.

Zukünftig wird es für den Verkäufer daher von entscheidender Bedeutung sein, vom Verbraucher im Onlineshop dieausdrückliche Zustimmung zum Beginn der Ausführung des Vertrages einzuholen. Dies kann mittels vorprogrammierten "Opt- In Verfahrens" erfolgen.

Dem Verbraucher ist zudem innerhalb der Auftragsbestätigung neben dem Inhalt des Vertrages auch nochmals mitzuteilen, dass er

o   ausdrücklich in die Ausführung des Vertrages durch den Verkäufer zugestimmt hat und

o   seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages sein Widerrufsrecht verliert.

 
  1. Lieferbeschränkungen und Zahlungsarten, Liefertermin

Bereits jetzt haben Händler innerhalb Ihres Onlinehops zahlreiche Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher zu berücksichtigen. Diese Informationen (z.B. Art und Weise des Vertragsschlusses, übersichtlicher Bestellablauf, Versandkosten und Lieferzeiten etc.) werden nun um einige Punkte ergänzt bzw. abgeändert. Zusammengefasst geht es dabei um folgende Punkte:

 

Spätestens bei Einleitung des Bestellvorgangs (mithin spätestens im Warenkorb) ist der Verbraucher darüber zu unterrichten,

o   ob Lieferbeschränkungen innerhalb eines Landes bestehen (z.B. Deutschland mit Ausnahme dt. Inseln)

o   und welche Zahlungsarten jeweils akzeptiert werden. Über die möglichen Zahlungsarten muss zudem auf einer separaten Informationsseite informiert werden. Die Aufnahme allein innerhalb der AGB ist nicht mehr ausreichend.

 

Die gesonderte Erhebung von Gebühren für einzelne Zahlungsarten ist nur dann zulässig, wenn

o   eine gängige und zumutbare Zahlungsart kostenfrei angeboten wird und

o   die erhobenen Zuschläge die Kosten, die beim Verkäufer durch Einsatz des Zahlungsmittels selbst anfallen, nicht übersteigen.

 

Der Verbraucher muss zukünftig auch über den Zeitpunkt der Zahlung informiert werden. Im Fall einer Zahlung per Kreditkarte oder per Lastschrift muss daher angegeben werden, wann das Konto des Verbrauchers belastet wird (z.B. mit Bestellung, Versand der Ware, 5 Tage nach Bestellung etc.).

 

Wie nach bisheriger Rechtslage auch, sind dem Verbraucher die Liefertermine möglichst genau mitzuteilen. Der angegebene Liefertermin sollte dabei bei Vorkasse ab Zahlungseingang, ansonsten ab Vertragsschluss berechnet werden. Darüber hinaus müssen zukünftig die Lieferbedingungen angegeben werden. Dazu zählt auch das für den Versand beauftragte Unternehmen (z.B. Versand per Hermes, DHL etc.)

 
  1. Informationen zum Gewährleistungsrecht

Nach der neuen anstehenden Gesetzeslage muss jeder Verkäufer über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die konkret bestellte Ware ausdrücklich informieren. Der Hinweis auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte kann in hervorgehobener Form entweder auf einer expliziten Unterseite zusammen mit den anderen Verbraucherinformationen oder, nach unserer Auffassung, hervorgehoben im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen.

 
  1. Garantieleistungen, Kundendienst

Der Verkäufer hat den Verbraucher über das etwaige Bestehen eines besonderen Kundendienstes, Kundendienstleistungen oder Garantien bezüglich seiner angebotenen Waren zu informieren.

 

Bei der Angabe oder Werbung mit Garantien war nach bisheriger Rechtslage die genaue Beschreibung der einzelnen Garantiebedingungen dann nicht erforderlich, wenn es sich bei dem betreffenden Produkt um ein unverbindliches Warenangebot handelte. Dies trifft auf den überwiegenden Teil der Onlineshops zu. Bei Verkaufsplattformen wie eBay oder Amazon stellt das Angebot des Verkäufers hingegen ein verbindliches Kaufangebot dar, in dessen Rahmen im Falle der Garantiewerbung die genaue Angabe der Garantiebedingungen erfolgen muss. Diese Differenzierung ist nach der neuen Gesetzeslage hinfällig. Zukünftig muss seitens der Händler im Falle einer Garantie immer, egal ob verbindliches Angebot oder nicht, über das Bestehen der Garantie sowie über die entsprechenden Garantiebedingungen ausführlich informiert werden. Dies trifft wohl auch auf etwaig bestehende Herstellergarantien zu. Im letztgenannten Fall sollten die Bedingungen des Herstellers entweder auf die Produktseite gestellt oder mittels Link auf die Bedingungen des Herstellers verwiesen werden.

 
  1. Das neue Muster der Widerrufbelehrung sowie das Widerrufsformular
 

Die Ausgestaltung der neuen Widerrufsbelehrung hat zukünftig nach dem nachfolgend dargestellten Musterformular zu entscheiden. Die bis zu 50 verschiedene Versionen umfassende Vorlage wird in der Zukunft für erhebliche Rechtsunsicherheit bei den Verkäufern sorgen. Das gesetzlich vorgesehene Belehrungsmuster verkennt den Umstand, dass ein Versand von Waren in unterschiedlichen Konstellationen erfolgen kann. So hängt zum Beispiel die richtige Formulierung der Widerrufsbelehrung allein davon ab, ob es sich bei dem maßgeblichen Kauf um eine Einzelbestellung, oder um einen Kauf von mehreren Waren handelt. Erfolgt die Bestellung einer Einzelware, erfolgt die Lieferung allerdings in mehreren Teilleistungen ist wiederum eine andere Formulierung notwendig. Der Verkäufer ist aufgrund dieser Umstände letztlich dazu gezwungen, verschiedene Belehrungsmuster vorrätig zu halten um, je nach Bestellsituation, eine entsprechend passende Widerrufsbelehrung an den Käufer übermitteln zu können. In der Praxis dürfte sich dieser Lösungsansatz jedoch als ungeeignet erweisen. Für die Zukunft wird es daher notwendig sein, ein Belehrungsmuster auszuformulieren, das für möglichst viele Anwendungsfälle im Onlineshop des jeweiligen Verkäufers zutrifft.

 

Widerrufsbelehrungsmuster

 

Das zukünftig geltende Widerrufsbelehrungsmuster mit seinen verschiedenen Gestaltungshinweisen kann bereits jetzt u.a. im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 58 auf Seite 3663 aufgerufen werden.

 

http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl113s3642.pdf

 

Ab dem 13 Juni 2014 wird das Belehrungsmuster als Anlage 1 zu Artikel 246a § 1, Abs. 2, Satz 2 EGBGB geltendes Recht sein.

 
  1. Widerrufsformular
 

Das als Formulierungsvorschlag vorgehaltene Musterformular zur Ausübung des Widerrufs durch den Verbraucher kann bereits jetzt u.a. im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 58 auf Seite 3665 aufgerufen werden.

 

http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl113s3642.pdf

 

Wir hoffen Ihnen mit diesen vorgestellten Ausführungen eine kleine Übersicht über die anstehenden Änderungen gegeben zu haben. Sollten Sie weitere Informationen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Aleksandar Silic, LL.M.

(Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht)

 

MS Concept Rechtsanwälte

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