Reform des Verkehrszentralregisters und Übergangsregelungen

Reform des Verkehrszentralregisters und Übergangsregelungen
09.02.20146418 Mal gelesen
Zum 01.05.2014 tritt die Neuregelung des Verkehrszentralregisters und des Punktesystems in Kraft. Aus dem bisherigen Verkehrszentralregister (VZR) wird dann das sog. Fahreignungsregister (FaER). 1 Punkt bedeutet dann schon 1/8 Führerscheinentzug.

Für Führerscheininhaber, die aktuell einen Verkehrsverstoß begangen haben, kann es manchmal sinnvoll sein, die rechtskräftige Ahndung des Verstoßes bis zu diesem Stichtag hinauszuzögern.

Grund:

Anders als bisher verlängert sich die Tilgungsfrist für einen Punkteeintrag im neuen Flensburger Register nicht dadurch, dass eine weitere Tat begangen wird. Ab dem 01.05.2014 wird jede Eintragung nach Ablauf ihrer Frist automatisch getilgt. Das heißt: Jeder Eintrag verjährt für sich - unabhängig davon, ob später ein weiterer Eintrag hinzukommt.

Eintragungen, die vor dem 01.05.2014 erfolgen, hemmen hingegen noch die Tilgung älterer Punkteeinträge. Das heißt: Ein Eintrag wird grundsätzlich nur dann getilgt, wenn die Voraussetzungen der Tilgung für alle eingetragenen Verstöße erfüllt sind. Jüngere Einträge verhindern somit die Löschung bestehender Alteinträge (wobei für Ordnungswidrigkeiten eine absolute Tilgungsfrist von 5 Jahren besteht und Eintragungen wegen Ordnungswidrigkeiten nicht die Tilgung von Eintragungen wegen Straftaten verhindern.)

Eine Eintragung ab dem 01.05.2014 führt hingegen nicht zu einer Tilgungshemmung für andere eingetragene Delikte. Das gilt auch dann, wenn der zugrunde liegende Verkehrsverstoß vor dem 01.05.2014 begangen wurde.    

Eingetragen werden nur rechtskräftige Bußgelbescheide, Strafbefehle oder Verurteilungen. Die Rechtskraft tritt ein, wenn innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eines Bußgeldbescheides oder Strafbefehls nicht Einspruch eingelegt wird. Durch die fristgerechte Einlegung eines Einspruchs kann somit der Eintritt der Rechtskraft und damit die Eintragung des zugrunde liegenden Verstoßes zunächst vermieden werden. Der Betroffene kann den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid jederzeit wieder durch einfache Erklärung zurücknehmen, wenn der 01.05.2014 erreicht wurde (Achtung: Im Strafbefehlsverfahren besteht die vorbehaltlose Möglichkeit der Einspruchsrücknahme nur bis zum Beginn eines Gerichtstermins, danach nur noch mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft).

Auf diese Weise können mit Punkten vorbelastete Betroffene, auch wenn sie sich nicht gegen den Vorwurf eines Verkehrsverstoßes wehren möchten, bequem dafür Sorgen, dass zumindest nicht noch durch einen neuen Punkteeintrag vor dem 01.05.2014 die Altpunkte länger als nötig "mitgeschleppt" werden.    

Allerdings muss man sich zuvor Klarheit durch eine aktuelle Auskunft über den Punktestand beim Kraftfahrtbundesamt verschaffen (www.kba.de)

Denn nur wenn man genau weiß, ob vermeintlich gelöschte Punkte sich noch in der Überliegefrist befinden, kann man beurteilen, ob der taktische Einspruch überhaupt Sinn macht.

Außerdem sollte man sich über die wichtigsten Regeln der Überführung von Altpunkten in das neue Bewertungssystem im Klaren sein. Diese Bestimmungen stehen in § 65 StVG. Von der Übergangsregelung ist jeder Betroffen, der am Tag des Inkrafttreten des Gesetzes (01.05.2014) mit Punkten im Verkehrszentralregister gespeichert ist.

Das bisherige Verkehrszentralregister kennt eine Punkteskala von 1 - 18. Im neuen Fahreignungsregister, das am 1. Mai 2014 in Kraft tritt, geht die Punkteskala nur noch von 1- 8.

Weil das neue Fahreignungsregister somit wegen Ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen bereits ab einem Stand von 8 Punkten die Aberkennung der Fahrerlaubnis vorsieht, was bisher bei 18 Punkten der Fall war, lässt sich sagen, dass ein 1 Punkt künftig den Wert von 3 Punkten hat. Oder anders ausgedrückt: Ab dem 1. Mai 2014 ist 1 Punkt 1/8 Führerscheinentzug.

Innerhalb von 5 Jahren kann im neuen Fahreignungsregister nur noch 1 Punkt abgebaut werden (bisher 6).  

Allerdings werden zu erfassende Verkehrsverstöße künftig anders gewichtet:

  • 1 Punkt für Ordnungswidrigkeiten
  • 2 Punkte für grobe Ordnungswidrigkeiten sowie Straftaten
  • 3 Punkte für Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis      

Ab dem 01.05.2014 gelten folgende Verjährungsfristen (ohne Tilgungshemmung durch Neueinträge):

  • Ordnungswidrigkeiten mit 1 Punkt = 2 Jahre
  • Ordnungswidrigkeiten mit 2 Punkten = 5 Jahre
  • Straftaten mit 2 Punkten = 5 Jahre
  • Straftaten mit 3 Punkten = 10 Jahre

Punkte entstehen künftig mit dem Tattag (Tattagprinzip), sofern der Verstoß später rechtskräftig geahndet wird.

Weiter ist dort geregelt, dass manche Entscheidungen, die nach bisherigem Recht im Verkehrszentralregister gespeichert sind, am 01.05.2014 aus dem Fahreignungsregister gelöscht werden. Diese Punkte fallen quasi über Nacht komplett weg. Das betrifft alle Eintragungen wegen Entscheidungen über Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die nicht in der Anlage 13 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) aufgeführt sind. Dort sind Delikte und Zuwiderhandlungen aufgeführt, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit stehen (z.B. Verstoß gegen Plakettenpflicht, Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz).

Wichtig ist auch die Überlegung, dass Bußgeldentscheidungen, die bisher mit 1-4 Punkten bewertet werden, im neuen System einen Punktewert von 1 haben und nach 2,5 Jahren gelöscht werden; nicht jedoch wenn auch ein Fahrverbot verhängt wird. Dann kommt es im neuen System (ab dem 01.05.2014) immer zur Eintragung von 2 Punkten mit einer Löschungsfrist von 5 Jahren. So kann es im Einzelfall sinnvoller sein, in einem aktuell laufenden Verfahren eine Bußgeldentscheidung mit Fahrverbot vor dem 01.05.2014 zu akzeptieren (sofern es nicht gelingt, die Bußgeldbehörde zu einer schnellen Entscheidung ohne Fahrverbot zu bewegen). Dass müsste aber schnell geschehen, denn von der Überführung der Punkte (Übergangsregelung) sind nur Entscheidungen betroffenen, die in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im VZR gespeichert sind.      

Auch wer durch die freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar oder einer verkehrspsychologischen Beratung vor dem Inkrafttreten des neuen Punktesystems noch schnell Punkte abbauen möchte, muss sich sputen und zusehen, dass er die Kursbescheinigung unbedingt bis spätestens zum 30.04.2014 bei der Fahrerlaubnisbehörde vorlegt. Sonst kommt es nicht mehr zu einer Überführung der reduzierten Punktezahl in das neue Fahreignungsregister.              

Einträge von Personen, die bis zum Ablauf des 30.04.2013 im VZR gespeichert sind werden (sofern die Tat im neuen System ebenfalls eintragungsfähig ist -siehe oben ) wie folgt in das FaER überführt:

  • Punktestand alt 1-3 = Punktestand neu 1
  • Punktestand alt 4-5 = Punktestand neu 2
  • Punktestand alt 6-7 = Punktestand neu 3
  • Punktestand alt 8-10 = Punktestand neu 4 (Ermahnung)
  • Punktestand alt 11-13 = Punktestand neu 5
  • Punktestand alt 14-15 = Punktestand neu 6 (Verwarnung)
  • Punktestand alt 16-17 = Punktestand 7
  • Punktestand alt ab 18 = Punktestand 8 (Entzug)

Fazit: Das Verzögern von Entscheidungen bis zum 01.05.2014 kann sehr sinnvoll sein. Je nach Stand der aktuellen Punkteeinträge des Betroffenen und abhängig vom Typ der aktuell vorgeworfenen Zuwiderhandlung kann dafür aber auch keine Notwendigkeit bestehen oder es können sogar die Nachteile überwiegen. In jedem Fall müssen taktische Überlegungen vor dem Hintergrund genauer Kenntnisse der Übergangsregelungen sowie einer aktuellen Auskunft aus dem Verkehrszentralregister angestellt werden.  

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Der Verfasser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Demuth, ist auf die Vertretung von Menschen in Verkehrsstraf- und Bußgeldangelegenheiten sowie in Fahrerlaubnissachen spezialisiert - bundesweit. Weitere Infos: www.cd-recht.de