BGH: Versorgungssperre durch den Vermieter nach beendetem Mietverhältnis

Miete und Wohnungseigentum
26.06.20091585 Mal gelesen

Der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer am 6.05.2009 bekannt gewordenen Entscheidung erstmals die Frage geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Versorgungsleistungen wie Heizung, Strom, Wasser einstellen darf. Darauf verweist die Baden-Badener Rechtsanwältin Ilona Reichert unter Hinweis auf das am 6.05.2009 veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofes, Az. XII ZR 137/07.
In dem Fall waren im Jahr 2000 Räume im Erdgeschoss eines Kunsthauses zum Betrieb eines Cafés vermietet worden. Nachdem sich die Parteien über die Verpflichtung des Vermieters zu Nebenkostenabrechnungen gestritten hatten, stellte der Mieter im Jahr 2001 seine Nebenkostenvorauszahlungen ein, später auch die Zahlung der Grundmiete, mit welcher er im August 2007 jedenfalls acht Monate im Rückstand war. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mehrmals, zuletzt im August 2007. Zwischen den Parteien schwebt ein Räumungsverfahren. Der Vermieter drohte dem Mieter mehrfach an, die Versorgung der Mieträume mit Heizenergie zu unterbrechen. Dagegen hat der Mieter eine vorbeugende Unterlassungsklage erhoben, mit der er vor dem LG Berlin Erfolg hatte. Das KG Berlin hat die Klage dagegen abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Mieters zurückgewiesen. Er hat entgegen der bisher überwiegend vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, die in der Einstellung der Leistungen eine besitzrechtlich verbotene Eigenmacht gesehen hat, den Besitzschutz auf die Einstellung von Versorgungsleistungen für nicht anwendbar erklärt. Die Besonderheit des Besitzschutzes besteht darin, dass er - zur vorläufigen Befriedung - auch einem unrechtmäßigen Besitzer zusteht. Er besteht in der Abwehr von Störungen und greift grundsätzlich auch dann ein, wenn der Mietvertrag beendet und der Mieter zur Räumung verpflichtet ist.
Der Bundesgerichtshof hat nun betont, dass der Besitz als rein tatsächliche Sachherrschaft keinen Anspruch auf eine bestimmte Nutzung der Sache verschafft, sondern nur Abwehransprüche gegen Eingriffe von außen. Ein solcher Eingriff liege nicht vor, wenn lediglich Leistungen eingestellt würden. Denn der Besitz sei nur gegen beeinträchtigende Eingriffe geschützt, verleihe aber kein Recht auf eine fortgesetzte Belieferung mit Versorgungsgütern. Damit sei die Sachlage vergleichbar mit der Einstellung der Leistungen durch Versorgungsunternehmen, wenn der Mieter die Leistungen unmittelbar von diesen beziehe. Die Versorgungssperre durch die Energieversorger werde nach der weit überwiegenden Auffassung zu Recht ebenfalls nicht als Besitzverletzung angesehen.

Ein Anspruch des Mieters auf die Fortsetzung von Versorgungsleistungen kann sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur aus dem Mietvertrag ergeben oder - nach Beendigung des Mietverhältnisses - im Einzelfall nach Treu und Glauben aus sog. nachvertraglichen Pflichten. Eine Grenze für die Pflicht zur weiteren Belieferung sei aber jedenfalls dann erreicht, wenn der Vermieter hierfür kein Entgelt erhalte und ihm durch die weitere Belieferung ein Schaden drohe.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 96/2009 des BGH vom 06.05.2009
 

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