BGH zur Frage des Anspruchs eines gehbehinderten Wohnungseigentümers auf Einbau eines Personenaufzuges in das gemeinschaftliche Treppenhaus

BGH zur Frage des Anspruchs eines gehbehinderten Wohnungseigentümers auf Einbau eines Personenaufzuges in das gemeinschaftliche Treppenhaus
16.01.2017283 Mal gelesen
Einbau eines Personenaufzuges durch einen einzelnen Wohnungseigentümer bedarf der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer, auch wenn der bauwillige Eigentümer aufgrund einer Körperbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist.

Einbau eines Personenaufzuges durch einen einzelnen Wohnungseigentümer bedarf der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer, auch wenn der bauwillige Eigentümer aufgrund einer Körperbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist.

Dies hat der BGH mit Urteil vom 13.01.2017 (V ZR 96/16) entschieden.

Der gehbehinderte Kläger, der in einer Wohnanlage ohne Aufzug im fünften Stock in einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung wohnt, hatte zusammen mit einigen anderen Eigentümern in der Eigentümerversammlung beantragt, den auf eigene Kosten vorzunehmenden Einbau eines geräuscharmen und energieeffizienten Personenaufzugs in dem offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses zu gestatten. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Das Amtsgericht wies die Duldungsklage des Klägers ab. Die Klage hatte der Kläger insbesondere damit begründet, dass seine zu 100% schwerbehinderte Enkelin zeitweise von ihm und seiner Ehefrau betreut würde.

Das Landgericht gab der Klage auf Berufung des Klägers mit Einschränkungen im Wege der sog. Beschlussersetzung u. a. dahingehend statt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Errichtung und den Betrieb eines geräuscharmen, maschinenraumlosen Personenaufzugs in dem Treppenschacht durch den Kläger dulden muss. Die Kosten der Errichtung, des Betriebes sowie einer etwaigen späteren Beseitigung des Aufzugs trage der Kläger. Vor Baubeginn habe der Kläger eine Sicherheit für eine spätere Beseitigung des Aufzugs zu leisten.

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Für die Frage des Zustimmungserfordernisses sei entscheidend, so der BGH, ob den übrigen Wohnungseigentümern durch den Einbau des Aufzuges Nachteile erwachse, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgingen.

Dies sei hier der Fall. Auf Seiten des Klägers sei das Grundrecht zu beachten, dass niemand wegen einer Behinderung benachteiligt werden dürfe. Eine Interessenabwägung ergäbe, dass die übrigen Wohnungseigentümer die Anbringung eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe dulden müssten.

Dies gelte jedoch nicht für den Einbau eines Personenaufzuges. Er sei nur mit erheblichen Eingriffen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums möglich und verenge in aller Regel den im Treppenhaus vorhandenen Platz erheblich. Ferner könne die Verkehrssicherungspflicht im Außenverhältnis erhebliche Risiken auch für die übrigen Wohnungseigentümer mit sich bringen. Ein Rückbau setze wiederum erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz voraus, die ihrerseits neue Risiken bergen würden. Der Rückbau dürfe sich bei lebensnaher Betrachtung als eher unrealistisch erweisen. Da die Nutzung des Personenaufzugs nur den bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern gestattet sein solel, handele es sich um ein Sondernutzungsrecht an dem vorgesehenen Treppenhausteil; hierzu bedürfe es aber einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer.

Der Umstand, dass die Wohnung des Klägers schwer veräußerlich und für eine gehbehinderte Person nur mit einem Personenaufzug gut zu erreichen sei, sei ein dem Kläger bekanntes Risiko gewesen, dass er beim Kauf der Wohnung eingegangen sei. Dass sich dieses Risiko verwirklicht habe, könne nicht zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümer gehen. Deren Wohnungen seien womöglich auch schwer verkäuflich und würden mit dem Einbau des Personenaufzugs mit zusätzlichen Nachteilen und Haftungsrisiken belastet.

Fazit: Beim Kauf einer Eigentumswohnung zur eigenen Nutzung ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen und kritisch zu prüfen, ob die Wohnung auch für Personen im fortgeschrittenen Alter und möglicherweise damit einhergehenden Gebrechen ohne Mühe erreichbar ist.

********************************************************************************************

Bei Fragen zu dem obenstehenden Beitrag senden Sie RA Skwar gerne unverbindlich eine E-Mail, er  wird Ihnen schnellstmöglich antworten.