Vorsicht bei der Abnahme

Miete und Wohnungseigentum
11.07.2016243 Mal gelesen
Verjährung und Bauträger

Der Fall: Nachdem die Eigentumswohnungen komplett an die Erwerber verkauft worden sind, machen Eigentümer Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger geltend. Es wird ein Entwurf für einen umfassenden Abfindungsvergleich ausgehandelt, der unter anderem auch vorsieht, dass die WEG die Abnahme der nach dem Inhalt der Einzelerwerber-Verträge geschuldeten Bauleistungen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums erklärt. Den entsprechenden den Verwalter zum Vergleich Abschluss ermächtigenden Zustimmungsbeschluss ficht die Klägerin an.

Das Gericht: Die Eigentümerin bekommt Recht. Zwar kann die Abnahme durch Vereinbarung zur Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung gemacht werden, nicht aber durch Mehrheitsbeschluss. Besteller ist auch hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums der einzelne Erwerber, nicht etwa die - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Regel noch gar nicht bestehende - WEG. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum. Jeder Wohnungseigentümer kann die ganze Leistung verlangen. Es liegt bei jedem Wohnungseigentümer zu entscheiden, ob er das Werk (die Wohnungseigentumsanlage) als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will. Die Abnahme zu verschiedenen Zeiten ist eher günstig, weil dadurch die Gewährleistungsfrist zulasten des Veräußerers verlängert werden kann, insbesondere dann, wenn es diesem nicht bereits während der Bauzeit gelingt, alle Wohnungen zu veräußern. Die Bausubstanz ist überwiegend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen. Die Mangelfreiheit des Gemeinschaftseigentums ist damit für den Wert der vom Bauträger zu erbringenden Gegenleistung von erheblicher Bedeutung.

Kopinski-Tipp: Die Eigentümergemeinschaft sollten vorsichtig sein, wenn entsprechende Beschlüsse gefasst werden, wonach die Verwaltung Vergleiche mit dem Bauträger abschließen kann. Sie sollte daran denken, dass unter Umständen die Verwaltung vom Bauträger eingesetzt worden ist.

S.a. AG München, 4.9.2015 - Az. 481 C 81691/15