Folgt BGH dem EuGH im Abgasskandal?

Kaufrecht
06.05.202332 Mal gelesen
Diesel-Fälle werden am 8. Mai verhandelt. Fahrlässigkeit der Hersteller soll für Schadensersatz genügen.

Der Tag der Wahrheit im Diesel-Abgasskandal rückt für Automobilindustrie und Verbraucher näher. Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am 8. Mai 2023 über drei Dieselklagen. Dabei erörtert das Gericht auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 21. März 2023. Der EuGH hatte einem Mercedes-Verfahren generell die Hürden für erfolgreiche Dieselklagen erheblich gesenkt. Bereits Fahrlässigkeit genügt aus Sicht des EuGH für die Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz im Diesel-Abgasskandal (Az.: C-100/21). 

 

Der BGH beharrt seit drei Jahren darauf, dass ein nur schwer nachweisbares vorsätzliches und sittenwidriges Handeln vorliegen müsse. Beginnt der Abgasskandal am 8. Mai 2023 von vorne? Schlägt sich der BGH auf die Seite Hersteller oder erkennt es europäisches Recht an? Aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer kann dem BGH nichts anderes übrigbleiben, als dem EuGH in seiner Rechtsprechung zu folgen. Die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz sind enorm gestiegen. Dr. Stoll & Sauer rät Betroffenen daher zur anwaltlichen Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal. Mehr Infos zu den Entwicklungen am EuGH gibt es auf unserer Spezial-Website. 

BGH verhandelt drei Diesel-Verfahren am 8. Mai 2023

Am 8. Mai stehen gleich drei Diesel-Verfahren vor dem Bundesgerichtshof auf dem Plan. Eines davon ist die Klage eines Mannes, der einen VW Passat mit dem Diesel-Motor EA288-Motor besitzt. Obwohl das Fahrzeug nicht offiziell zurückgerufen wurde, wurde in unabhängigen Abgastests festgestellt, dass PKW mit dem EA288-Motor im Normalbetrieb unerlaubt viele Schadstoffe ausstoßen. Der Kläger fordert deshalb Schadensersatz von Volkswagen (Az.: VIa ZR 335/21). Der EA288 ist der VW-Nachfolge-Diesel zum EA189. Der EA189 löste im Herbst 2015 den Diesel-Abgasskandal aus. Der BGH verurteilte am 20. Mai 2020 VW aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung zur Zahlung von Schadensersatz.

Neben diesem Verfahren wurden kurzfristig zwei weitere Verhandlungen für den 8. Mai angesetzt. In einem Verfahren geht es um die Klage eines Audi-Besitzers, der seinen SQ5 kaufte, nachdem die Manipulation des Fahrzeugs bereits öffentlich bekannt war (Az.: VIa ZR 533/21). Der Audi Allroad 3.0 TDI ist mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet. 

Im dritten Verfahren prüfen die Richter, ob der Besitzer einer Mercedes-Benz C-Klasse mit einem OM651-Dieselmotor Anspruch auf Schadensersatz hat (Az.: VIa ZR 1031/22). Alle drei Kläger möchten ihre Kauf- und Finanzierungsverträge rückabwickeln und so gestellt werden, als hätten sie das jeweilige Fahrzeug nie gekauft. In den drei Motoren sollen sich sogenannte Thermofenster als Abschalteinrichtung befinden, die der EuGH als illegal eingestuft hatte. 

Welche Rechtsprechung sieht der EuGH im Abgasskandal vor?

In dem EuGH-Fall ging es um einen Mercedes 220 CDI, bei dem ein Thermofenster bei der Abgasreinigung zum Einsatz kam. Durch das Thermofenster wird die Abgasreinigung bei kühleren Temperaturen reduziert, was einen Anstieg der Stickoxid-Emissionen zur Folge hat. Die gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte können nicht eingehalten werden. Das Fahrzeug ist sein Geld nicht wert. Der Käufer machte daher Schadenersatzansprüche geltend. Das Landgericht Ravensburg legte das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH hält die Schadenersatzansprüche für gerechtfertigt, weil Mercedes fahrlässig gehandelt hat. Das entsprechende europäische Recht schütze auch die Verbraucher, so das Gericht. Aus Sicht der Dieselskandal-Anwälte wird es nach diesem verbraucherfreundlichen Urteil des EuGH wesentlich leichter sein, erfolgreich gegen Automobilhersteller Schadensersatz einzuklagen. Nicht nur die Erfolgsaussichten sind gestiegen, auch viel mehr Dieselfahrer sind klageberechtigt. Warum ist das so? 

  1. Das Thermofenster ist eine illegale Abschalteinrichtung, die dafür sorgt, dass die Abgasreinigung auf dem Prüfstand funktioniert, aber im normalen Straßenverkehr die Umwelt verschmutzt und die Gesundheit der Menschen gefährdet.
  2. Schon fahrlässiges Handeln der Autohersteller beim Einbau von Abschalteinrichtungen kann ausreichen, um eine Klage auf Schadensersatz erfolgreich durchzusetzen. Eine Verurteilung zu Schadensersatz im Diesel-Abgasskandal ist nach verschiedenen BGH-Urteilen möglich, wenn ein sittenwidriges und vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden kann (BGB §826). Der Nachweis des vorsätzlichen Handelns ist jedoch schwierig, da niemand Einblick in die Entscheidungsstrukturen der Autohersteller hat, was es für Kläger erschwert. 
  3. Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen eines VW-Urteils den sogenannten Restschadensersatz (BGB §852) bestätigt. Somit haben Neuwagenkäufer bis zu zehn Jahre nach dem Kauf Anspruch auf Schadensersatz. 
  4. Da das Thermofenster in fast allen Dieselmotoren verbaut wurde, können Verbraucher gegen jeden Hersteller von Dieselfahrzeugen Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen, einschließlich VW, Mercedes, Audi, Toyota, Renault, Opel, Fiat, Jeep, BMW, Lancia, Skoda, Seat und Peugeot.
  5. Wohnmobil-Fahrer sollten aufpassen: Der Abgasskandal von Fiat Chrysler Automobiles (FCA), der jetzt unter dem Namen Stellantis firmiert, wird aufgrund eines EuGH-Urteils neue Dynamik erhalten. Viele Verfahren sind in Erwartung des EuGH-Urteils von deutschen Gerichten auf Eis gelegt worden. Eine Verurteilung von FCA zur Zahlung von Schadensersatz wäre nach dem EuGH-Urteil keine Überraschung. 

Verbraucherfreundliche Entwicklung im Diesel-Abgasskandal

Spätestens als das Verwaltungsgericht Schleswig am 20. Februar 2023 das Software-Update zum VW-Skandalmotor EA189 einkassierte und für illegal erklärte, war klar, dass der Diesel-Abgasskandal neuaufgerollt werden muss. (Az.: 3 A 113/18). Denn beim Update handelt es sich um ein Thermofenster, das die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur regelt - sprich ausschaltet.

Und das Verwaltungsgericht Schleswig machte auch klar, dass die Zulassungsbehörde dafür Sorge zu tragen hat, dass die Fahrzeuge wieder in einen gesetzeskonformen Zustand versetzt werden müssen. Heißt übersetzt: Stilllegungen oder Entzug der Typgenehmigung sind denkbar. Verbraucher sollten daher schnell handeln und Klage gegen den Fahrzeughersteller ihres Diesels einreichen. Thermofenster in beinahe allen Modellen verbaut.

Zu diesen verbraucherfreundlichen Entwicklungen vor Gericht kommen noch die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Bosch-Papers. Aus den Dokumenten geht klar hervor, dass alle Hersteller beim Automobilzulieferer Abschalteinrichtungen bestellt haben, um die gesetzlichen Abgasnormen zu umgehen. Bosch hat die Hersteller darauf hingewiesen, dass die Abschalteinrichtungen nicht regelkonform sind. Unterm Strich lässt sich sagen: Die Automobilindustrie verkauft seit 16 Jahren nicht genehmigungsfähige Fahrzeuge. Die Fahrzeuge sind ihr Geld nicht wert. Den Verbrauchern steht Schadensersatz zu. Mehr zu den Bosch-Papers gibt es auf unserer Spezial-Website.

Fazit: Vom Diesel-Abgasskandal betroffene Verbraucher müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen. 

Dr. Stoll & Sauer gehört zu den führenden Kanzleien

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Mit der Expertise von über 30 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Sozial-, Arbeits-, Verkehrs- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.