Aufsichtspflicht der Eltern im Internet - Eltern haften für ihre Kinder (Urteil des LG München I vom 19. Juni 2008 (Gz.: 7 O 16402/07)

Internet, IT und Telekommunikation
03.07.2008134 Mal gelesen

Das Landgericht München I hat in einem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil vom 19. Juni 2008, die Eltern für Urheberrechtsverletzungen Ihrer Kinder verurteilt, da diese urheberrechtlich geschützte Werke Dritter widerrechtlich und schuldhaft öffentlich zugänglich gemacht haben. Nach Ansicht des Gerichts haben die Eltern für Rechtsverletzungen ihrer Kinder mit zu haften, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten.

Danach hätten die Eltern den Kindern eine einweisende Belehrung für den Umgang mit dem Internet erteilen müssen. Ein Computer mit Internetanschluss, so das Gericht, berge erhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken, ganz zu schweigen von jugendgefährdenden Inhalten. Ein solcher Computer stehe einem gefährlichen Gegenstand gleich. Auch die allgemeine und sehr lebhafte Diskussion, insbesondere um begangene Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen, mache die Belehrung durch die Eltern letztlich nicht entbehrlich. Vielmehr gäbe genau diese Diskussion Anlass für eine Belehrungspflicht! Darüber hinaus erfordere die elterliche Aufsichtspflicht auch eine laufende Überwachung, um zu überprüfen, ob sich das Kind auch im in der einweisenden Belehrung gesteckten Rahmen bewegt.

Dieses Urteil führt den fehlenden Trend einer einheitlichen Rechtsprechung in Bezug auf Haftungsfragen im Internet fort. So hatte das LG Hamburg in seiner Entscheidung (Beschluss vom 21.04.06, Az.: 308 O 139/06) deutlich gemacht, dass sich Eltern nicht auf fehlende Sachkunde im Hinblick auf das Internet zurückziehen könnten. Diese Ansicht vertritt auch das Landgericht Köln in einer Entscheidung vom 21.03.2006 (Az.: 28 O 150/06) in der es ausführte, wie ein Elternteil im Falle von Urheberrechtsverletzungen aufgrund Filesharing, bei recht jungen Kindern von 11 und 15 Jahren, ihren Aufsichtspflichten nachzukommen hätte. Auch hier erwartete das Gericht - wie in der Hamburger Entscheidung - die Ergreifung solcher Sicherungsmaßnahmen unter gegebenenfalls Herbeiziehung fachkundiger kostenpflichtiger Hilfe. Diesen Trend scheint das Landgericht München nunmehr fortzusetzen.

Anderer Ansicht war hingegen jüngst das LG Mannheim in zwei Entscheidungen (Urteil vom 29.09.2006, Az.: 7 O 76/06 und Urteil vom 30.01.2007, Az.: 2 O 71/06), nach denen die dauerhafte Überprüfung des Verhaltens der Kinder jedenfalls dann nicht zumutbar sei, soweit kein konkreter Anlass bestehe. Wenn das Kind volljährig sei und gegenüber den Eltern einen Wissensvorsprung bezüglich Computer- und Internettechnologie habe, dann sei eine einweisende Belehrung seitens der Eltern, nach Ansicht des LG Mannheim, nicht sinnvoll.

Die Entscheidung des Landgerichts München I könnte der andauernden Diskussion um Abmahnungen und Urheberrechtsverletzungen im Internet neuen Zündstoff geben. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte hier entscheiden. Mehr denn je besteht die Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Entscheidung!

 

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