OLG Koblenz: Widerrufsrecht des Verbrauchers kann auch bei Vertragsänderung bestehen

Internet, IT und Telekommunikation
07.05.2012296 Mal gelesen
Verbraucher haben bei Fernabsatzverträgen oft auch bei einer Vertragsänderung per Telefon ein Widerrufsrecht. Dies ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz.

Wenn Verbraucher nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit ihren Vertrag z.B. über eine Internet-Flatrate kündigen, versuchen manche Anbieter den Kunden zu einer Änderung des Vertrages mit einem unangekündigten Anruf zu überreden.

So war es auch bei einer Kundin bei dem Provider 1&1. Sie wurde vor Ablauf der Kündigungsfrist angerufen und bekam statt der Service-Flat 6.000 DSL-Paket eine Doppel Flatrate 16.000 DSL-Paket zu einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten angeboten. Die Kundin willigte zunächst ein. Dann überlegte sie es anders und schrieb, dass sie den neuen Vertrag doch nicht möchte.

Doch 1& 1 blieb stur und verwies drauf, dass es angeblich nur ein Widerrufsrecht bei dem Abschluss eins neuen Vertrages gebe und nicht bei der vorliegenden "Tarifanpassung". Die Verbraucherin sah dies nicht ein und schaltete die Verbraucherzentrale Bundesverband ein. Diese war der Ansicht, dass auch hier ein Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht und zog schließlich vor Gericht.

Das Oberlandesgericht Koblenz gab der Klage der Verbraucherschützer mit Urteil vom 28.03.2012 (Az. 9 U 1166/11) statt. Die Richter verwiesen darauf, dass der Verbraucherin hier nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zusteht. Entscheidend ist, dass es bei dem Abänderungsvertrag um neue wesentliche Vertragsinhalte handelt. Hier besteht normalerweise ebenso wie bei dem Erstabschluss ein Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Anders sieht die Situation nur aus, wenn der Kunde sich direkt vor dem Telefonat persönlich über den neuen Vertragabschluss informiert hat. Hierfür sprachen im vorliegenden Fall jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

Diese Entscheidung ist zu begrüßen, weil sie Verbraucher bei Fernabsatzverträgen vor einer Überrumpelung schützt. Online-Händler sollten bedenken, das sie auch hier den Verbraucher auf das bestehende Widerufsrecht hinweisen müssen. Ansonsten müssen sie unter anderem mit einer Abmahnung rechnen.

 
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