Rechtsanwalt Nico Werdermann Anonyme Bewertungen eines Arztes auf einer Internetplattform

Internet, IT und Telekommunikation
16.08.2011308 Mal gelesen
Ein Arzt kann die Löschung personenbezogener Daten wie Name, Berufsbezeichnung und Arbeitsstätte mit Anschrift aus einem Online Bewertungs-Portal nicht verlangen, wenn diese Daten aus einer allgemein zulässigen Internetquelle stammen. Zudem kann er die Unterlassung einer Bewertung nicht verlangen, wenn eine Bewertung „noch“ nicht möglich ist (Urteil vom 20.09.2010 – 325 O 111/10)

Rechtsanwalt Nico Werdermann erläutert den Fall:

Ein Internetplattformbetreiber hat ein Bewertungsportal eingerichtet, auf dem unter anderem der Name, die Berufsbezeichnung und die Arbeitsstätte mit Adresse eines klagenden Arztes veröffentlicht wurden.

Dieser Veröffentlichung stimmte der Arzt nicht zu.

Der betroffene Arzt begehrt im Klageweg die Löschung seiner personenbezogenen Daten und möchte ferner den Internetplattformbetreiber verpflichten, es zu unterlassen, dass er selbst in diesem Portal bewertet werden kann.

Rechtsanwalt Nico Werdermann erläutert die Entscheidung:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Es führte zunächst aus, dass die Veröffentlichung der genannten Daten nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße. Zwar habe der Arzt seine Zustimmung zur Veröffentlichung dieser Daten auf der Internetplattform nicht erteilt, indes könnten die veröffentlichten Daten auch von der Homepage des Krankenhauses, in dem der Arzt angestellt ist, abgerufen werden und stammen somit aus einer allgemein zulässigen Internetquelle.

Der Arzt habe daher kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung und Speicherung seiner Daten. Durch die (erneute) Veröffentlichung dieser Daten im Bewertungsportal werde der Personenkreis, der Kenntnis von diesen Daten erlangen könne, nicht vergrößert. Daher dürfe ohne weitere Angaben nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Veröffentlichung der Daten im Portal das Persönlichkeitsrecht des Arztes verletzt sei.

Das Gericht entschied weiter, dass der Arzt von dem Portalbetreiber nicht die Unterlassung einer Bewertungsmöglichkeit verlangen könnte, so lange eine Bewertung "noch" nicht möglich sei. Zwar müsste im Rahmen einer Bewertungsabgabe eine Abwägung zwischen den Interessen des Arztes und denen der Nutzer erfolgen, die zu einer Unzulässigkeit der Bewertungsmöglichkeit führen könne.

Vorliegend ging das Gericht jedoch davon aus, dass es auf die Abwägung nicht ankomme, da eine Bewertung nicht möglich sei. Den Hinweis des Arztes, dass der Portalbetreiber auf der Website darauf hinweise, dass eine Bewertung "noch" nicht möglich sei, führe nicht dazu, dass eine Bewertungsmöglichkeit bevorstehe. Das Gericht berief sich hierbei auf den Portalbetreiber, der im Verfahren ausführte, dass eine Bewertungsmöglichkeit entgegen der Ankündigung in dem Portal nicht geplant sei. Das Gericht schlussfolgerte hieraus, dass es an einer für den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bewertungsabgabemöglichkeit notwendigen Erstbegehungsgefahr fehle.

Fazit Rechtsanwalt Nico Werdermann

Trotz Bundesdatenschutzgesetz dürfen personenbezogene Daten ohne Zustimmung der Betroffenen gewerbsmäßig im Internet veröffentlicht werden, wenn diese Daten bereits in einer allgemein zugängigen Internetquelle veröffentlicht wurden. Die reine "Wiedergabe" dieser Daten auf einer anderen Website führe nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Soweit das Gericht hinsichtlich einer etwaigen Bewertung in diesem Portal auf eine Abwägung der Interessen verzichtet und eine Erstbegehungsgefahr trotz entgegenstehender Angaben im Internet abgelehnt hat, ist diese Entscheidung unglücklich. Für den Betroffenen führt das Urteil dazu, dass er vor einer eventuellen Klageerhebung entweder die Freischaltung der Bewertungsmöglichkeit und somit auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung abwarten muss. Oder der Betroffene muss sich vor Klageerhebung beim Portalbetreiber erkundigen, ob eine Freischaltung der Bewertungsmöglichkeit trotz eines etwaigen veröffentlichten Hinweises tatsächlich geplant ist. Anderenfalls trägt der Betroffene nach dieser Entscheidung einseitig das Kostenrisiko, wenn der Portalbetreiber in der mündlichen Verhandlung unglaubhaft behauptet, eine Bewertungsmöglichkeit sei nicht geplant.

Werdermann|von Rüden Rechtsanwälte

Rechtsanwalt Nico Werdermann

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