Zur Bemessung eines angemessenen Schadenersatzes bei unberechtigter Nutzung eines Lichtbildes

Geistiges Eigentum und Urheberrecht
13.08.2014305 Mal gelesen
Anhand eines aktuellen Falles, in welchem zwei Gewerbetreibende über Verstöße gegen Rechte an urheberrechtlich geschützten Lichtbildern in großer Anzahl streiten und mittlerweile das Oberlandesgericht aufgerufen ist, über Grund und Höhe der zahlreichen Verletzungshandlungen zu befinden, zeigt sich noch einmal die Problematik bzgl. einer leider uneinheitlichen Behandlung von Schadenersatzforderungen durch die Gerichte.

Grundsätzlich hat der verletzte Urheber eines Lichtbildwerkes (§ 2 UrhG) oder jedenfalls Ersteller eines Lichtbildes (§ 72 UrhG)  drei unterschiedliche Möglichkeiten der Schadensberechnung: Er kann den Verletzergewinn abschöpfen, er kann seinen eigenen entgangenen Gewinn ersetzt verlangen oder er kann im Rahmen der sog. "Lizenzanalogie" eine Lizenzgebühr verlangen, die er von einem rechtmäßig Handelnden für die Nutzung seines Lichtbildes entsprechend der konkreten Nutzungsform erhalten hätte. Da sich bei den ersten beiden Berechnungsmethoden gerade bei der Verwendung von Lichtbildern große Schwierigkeiten zeigen, dem Gericht auch nur eine ausreichende Grundlage zu geben, auf welcher dieses einen -für den Rechteinhaber ausreichenden- Schaden zu schätzen in der Lage ist, hat sich hier die Lizenzanalogie zur Schadensberechnung eingebürgert. Vom Gericht zu entscheiden ist in solchen Fällen daher zumeist, was ein vernünftiger Lizenzgeber als Lizenzgebühr verlangt und ein vernünftiger Lizenznehmer für die Nutzung der/der Lichtbildes/Lichtbilder gezahlt hätte (weitergehende Möglichkeiten, wie bspw. den sog. "Verletzerzuschlag" bleiben an dieser Stelle unberücksichtigt).

Selbstverständlich führt diese Fragestellung automatisch dazu, dass der auszugleichende Schaden im Streitfall jeweils am einzelnen Sachverhalt und immer wieder neu und konkret vom Gericht festgestellt werden muss. Diese Notwendigkeit verhindert von vorne herein eine pauschale (bspw. gesetzliche) Regelung zur Höhe des Schadenersatzes und birgt daher für beide Seiten immer auch gewisse Unsicherheiten bzgl. einer angemessenen Anspruchshöhe.

Für eine unnötige zusätzliche Unsicherheit bei der Schadensfindung sorgt die teils unterschiedliche Herangehensweise der Gerichte an die Schadensberechnung, sobald ein konkreter Nachweis fehlt, welche Lizenzbeträge der Rechteinhaber für sein Lichtbild auf dem Markt zu erlangen in der Lage ist (bspw. durch Vorlage entsprechender Rechnungen).  

Einige Gerichte übernehmen hier unverändert bei der Bemessung der Schadenersatzbeträge die Werte der sog. "MFM-Tabelle" (Anm.: Es handelt sich hierbei um eine Übersicht marktüblicher Vergütungen für Bildnutzungsrechte, herausgegeben von der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM)). Problematisch ist dies - wie auch der Bundesgerichtshof bereits wiederholt und richtig festgestellt hat - u.a. deshalb, weil es sich bei der MFM um eine Interessengemeinschaft der Fotografen (also der Rechteinhaber) handelt und nicht um eine neutrale Stelle. Zudem setzt die MFM hier Tätigkeiten von Fotografen voraus. Ob sich diese Werte daher auch auf einfache Lichtbilder, die von Laien gefertigt wurden, übertragen lassen, darf ebenso bezweifelt werden. Weiter setzt die Tabelle geschäftlichen Verkehr voraus, so dass sich die Sätze auch aus diesem Grunde wohl nicht 1:1 auf Verletzungen durch Privatpersonen/Verbraucher übertragen lassen. Zuletzt wird eine bloße Übernahme der in der Tabelle genannten Beträge ganz grundsätzlich nicht den konkreten Umständen des Einzelfalls gerecht.

Richtiger dürfte daher die zumeist gewählte Herangehensweise sein, nach welcher die Werte der MFM-Tabelle zwar Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist, dann aber Abschläge oder Aufschläge je nach wertender Betrachtung im Einzelfall erkannt werden.

Wie weit diese Auf- und (öfter) Abschläge gehen, ist zwischen den Gerichten allerdings auch bei vergleichbaren Sachlagen wiederum in hohem Maße uneinheitlich, was die Schwierigkeiten einer Einschätzung regelmäßig erhöht und den Vertreter dazu zwingt, sich bereits von Anfang an mit der Rechtsprechung des jeweils anzurufenden oder angerufenen Landgerichts/Oberlandesgerichts vertraut zu machen (so er es noch nicht ist).

Für weitere unnötige Schwierigkeiten sorgen unterschiedliche Schadensschätzungen bei identischer Sachlage in demselben OLG-Bezirk, wie auch in dem vorliegenden Fall zu erfahren war. Nachdem das OLG Hamm in einem früheren Verfahren einen Abschlag von  60% von den Sätzen der MFM-Tabelle für richtig gehalten hatte, nahm das LG Bochum nun bei vergleichbaren, teils sogar identischen, Lichtbildern desselben Urhebers, sämtlich auf identische Weise geschaffen, bei vergleichbarer Nutzung durch den Verletzer abweichend von der Rechtsprechung des eigenen OLG einen Schadenersatz in Höhe von 100,- EUR je Lichtbild und Jahr an, was zu gänzlich anderen Schadenersatzbeträgen führte. Auch wenn selbstverständlich jeder Richter autark in seiner Entscheidung ist und sein muss, ist es wenig glücklich, wenn ein unterinstanzliches Gericht eine andere Schadensbemessung betreibt, als sein übergeordnetes Gericht. Auch hier spielt wieder der Gedanke der Rechtssicherheit eine Rolle. Zudem dürfte ein solches Urteil in der Berufungsinstanz  keinen Bestand haben.  Da hierdurch ansonsten vermeidbare Berufungen des durch die alternative Berechnung Belasteten fast unumgänglich sind, sind solche Entscheidungen am Ende zudem unökonomisch. Hierbei handelt es sich zugegeben nicht um ein Problem der Schadensberechnung bei der Verletzung von Rechten an Lichtbildern sondern um eine allgemeine Frage.

Was bleibt ist die Feststellung, dass es pauschale Regelungen auf dem Gebiet der Schadenersatzberechnung nicht geben kann, es allerdings wünschenswert wäre, wenn sich die Gerichte zumindest auf eine einheitliche Herangehensweise einigen und auf das Zugrundelegen derselben Erwägungen - die dann jeweils am Einzelfall anzuwenden wären - einigen könnten. Zur Zeit ist die Frage nach der angemessenen Höhe des Schadenersatzes abhängig vom jeweiligen Gerichtsstand.

 Um nicht von vorne herein jedenfalls zu hohe Schadenersatzbeträge zu fordern (was im Streitfall zu teilweisem Unterliegen mit der entsprechenden Kostenlast führen würde) bzw. sich nicht auf zu hohe Forderungen des Rechteinhabers einzulassen, ist daher eine genaue Prüfung auch für den Fall einer unbestreitbaren Rechtsverletzung von Nöten.  

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