BGH am 05.11.2014: Wechselmodell und Kindesunterhalt

BGH am 05.11.2014: Wechselmodell und Kindesunterhalt
18.12.2014610 Mal gelesen
Befreit das Wechselmodell vom Kindesunterhalt?

In seiner Entscheidung vom 05.11.2014 hatte der Bundesgerichtshof darüber zu befinden, welche Auswirkungen das Wechselmodell auf den Kindesunterhalt hat. Der geschiedene Ehemann betreute die beiden gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder (10 und 8 Jahre alt) an 6 von 14 Tagen. Er war vom Amtsgericht und Oberlandesgericht dennoch zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden.

 

Grundsätzlich stellte der BGH fest, dass bei einem Wechselmodell kein Elternteil vom Barunterhalt für das Kind befreit wird. Andernfalls wären beide Elternteile vom Barunterhalt befreit, obwohl nur der Betreuungsbedarf des Kindes gedeckt wäre.

 

Bei einem echten Wechselmodell haben daher beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst neben dem sich daraus ergebenden erhöhten Bedarf insbesondere auch die Mehrkosten des Wechselmodells (z.B. Wohn- und Fahrtkosten). Dieser Bedarf des Kindes beim Wechselmodell liegt daher regelmäßig über dem Unterhaltsbedarf bei dem herkömmlichen Residenzmodell, bei dem nur ein Elternteil das Kind betreut.

 

Im vorliegenden Fall stellte der BGH fest, dass der Schwerpunkt der Betreuungsverantwortung bei der Kindesmutter liegt, zumal der Kindesvater die gemeinschaftlichen Kinder an nur 6 von 14 Tagen betreut. Die Kindesmutter hat demnach keinen Barunterhalt zu leisten, während der Kindesvater für den vollen Barunterhalt aufkommen muss.

 

Ein echtes Wechselmodell hingegen liegt nur dann vor, wenn das deutliche Schwergewicht der Betreuung nicht mehr bei nur einem Elternteil liegt. Andernfalls geht man davon aus, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und also dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil zum Barunterhalt verpflichtet ist.

 

Selbst dann, wenn der andere Elternteil im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, wird das deutliche Schwergewicht der Betreuung des anderen Elternteils nicht infrage gestellt.

 

Der BGH stellt dabei wesentlich auf das Kriterium der Hauptverantwortung für ein Kind ab. Die zeitliche Komponente der Betreuungsleistungen habe lediglich eine Indizwirkung. Die Beurteilung brauche sich hierauf nicht allein zu beschränken. Selbst bei annähernd hälftiger Mitbetreuung ist von der Barunterhaltspflicht eines Elternteils auszugehen, wenn das deutliche Schwergewicht der Betreuungsverantwortung bei dem anderen Elternteil verbleibt.

 

In diesem Fall kann der andere Elternteil allenfalls seine finanzielle Mehrbelastung dadurch geltend machen, dass er eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen in der Düsseldorfer Tabelle verlangt. Auch kann er etwa erbrachte Naturalleistungen von dem geschuldeten Kindesunterhalt in Abzug bringen.