Scheidung von in Deutschland lebenden Iranern

Familie und Ehescheidung
25.03.20143883 Mal gelesen
Besprochen wird eine Entscheidung des OLG Hamm vom 17.01.2013, die sich mit den Scheidungsvoraussetzungen für in Deutschland lebende Iraner befasst.

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss vom 17.01.2013-II-4 UF 172/12 (FamRZ 2013, 1481 ff.) in einem Fall zweier in Deutschland lebender Iraner schiitischen Glaubens entschieden, dass das Scheidungsbegehren sich nach iranischem Recht richtet.

Nach der ab dem 21.06.2012 geltenden Rom III Verordnung können Ehegatten das für ihre Scheidung anwendbare Recht wählen und sich für das Recht ihrer Staatsangehörigkeit, das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthaltes oder das Recht des Staates, in dem sie gemeinsam zuletzt gelebt haben, sofern einer von beiden noch dort wohnt, entscheiden. Schließlich ist es auch möglich, das Recht des angerufenen Gerichts zu wählen. Haben die Eheleute keine Rechtswahl vereinbart, gilt vorrangig das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes.

Für in Deutschland lebende iranische Staatsangehörige gilt dies nicht. Gemäß Art. 19 Rom III Verordnung bleiben völkerrechtliche Vereinbarungen wie das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17.02.1929 durch die Rom III Verordnung unberührt. Nach Art. 8 Abs. 3 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens findet daher für die hier lebenden iranischen Staatsangehörigen in Angelegenheiten des Familienrechtes iranisches Recht Anwendung.

Das iranische Scheidungsrecht unterscheidet zwischen dem Scheidungsantrag eines Mannes und dem Scheidungsantrag einer Frau. Der Ehemann kann nach iranischem Recht seine Frau verstoßen durch klaren Ausspruch der Verstoßung in Gegenwart zweier vertrauenswürdiger Zeugen (Art. 1120 iranisches ZGB).

Die Frau muss im Gegensatz zu dem Mann gesetzliche Scheidungsgründe vortragen. Ein Scheidungsgrund ist nach Art. 1129 iranischem ZGB der Fall des Unvermögens des Ehemanns Unterhalt zu zahlen. Dieser Scheidungsgrund setzt nach der Auffassung des OLG Hamm allerdings voraus, dass zuvor Unterhalt gerichtlich geltend gemacht und fruchtlos vollstreckt wurde (OLG Hamm FamRZ 2012, 1498). Erfolgte keine gerichtliche Geltendmachung, dann scheidet dieser Scheidungsgrund aus.

Weiterhin kann die Frau gemäß Art. 1130 iranisches ZGB sich auf den Scheidungsgrund der schweren Notlage berufen. Nach der Auffassung des OLG Hamm liegt eine schwere Not der Ehefrau dann vor, wenn der Ehemann ausdrücklich erklärt hat, der Scheidung zwar zustimmen zu wollen, dies aber davon abhängig macht, dass sich die Ehefrau bei ihm entschuldigt und auf die bislang noch nicht gezahlte Morgengabe verzichtet. Eine schwere Notlage wird daher angenommen, wenn der Ehemann selbst erkennbar ebenfalls nicht an der Ehe interessiert ist und es ihm nur darum geht, wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, indem er die Zustimmung der Scheidung von Bedingungen abhängig macht. Nach einer Entscheidung des OLG Koblenz soll die Drogensucht des Mannes nicht ausreichend sein für den Scheidungsgrund der schweren Notlage(FamRZ 2009, 611). Der Antrag muss gemäß Art. 1131 iranisches ZGB unverzüglich gestellt werden.

Weitere gesetzliche Scheidungsgründe sind sexuelle Mängel des Mannes (Art. 1122 iranisches ZGB) und die Verschollenheit des Mannes (Art. 1029 iranisches ZGB).

Schließlich kann sich die Frau auch auf vertraglich geregelte Scheidungsgründe berufen. Gemäß Art. 1119 iranischem ZGB besteht die Möglichkeit, Gründe für die Scheidung auszuhandeln. Üblich sind Vereinbarungen, die sich an einen Mustervertrag anlehnen und vom höchsten Justizrat genehmigt worden sind. Wenn sich die Vereinbarung der Parteien an diesem Mustervertrag orientiert, ist sie als wirksam anzusehen.

Ein Grund ist "unerträgliches Aufführen des Ehemannes". Nach der Auffassung des OLG Düsseldorf (FamRZ 2003, 379) ist dieser Grund erfüllt, wenn der Ehemann seine Frau zum wiederholten Mal körperlich misshandelt. Ein weiterer vertraglich geregelter Scheidungsgrund kann auch dann vorliegen, wenn der Ehemann sich weigert, die Unterhaltskosten der Ehefrau für 6 Monate, aus welchen Gründen es auch sein mag, zu bezahlen und keine Möglichkeit besteht, ihn hierzu zu zwingen. In diesem Fall kommt es dann nicht auf die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs an.

Für die Ehefrau besteht auch die Möglichkeit sich nach Art. 1146 iranischem ZGB loszu- kaufen, wobei streitig ist, ob der Ehemann zustimmen muss.

Für Nichtschiiten oder Angehörige des christlichen und jüdischen Glaubens gelten deren religiöse Regeln.

Die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention kann die Anwendung deutschen Rechts ergeben. Nach Art. 12 der Genfer Konvention bestimmt sich das Personalstatut eines Flüchtlings nach dem Recht des Landes, in dem er seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat.

  

Gerda Trautmann-Dadnia
Fachanwältin für Familienrecht