Neues Unterhaltsrecht für Altfälle: Urteile und Vergleiche können abgeändert werden

Familie und Ehescheidung
08.01.20084336 Mal gelesen

München: Seit 2008 gilt ein neues Unterhaltsrecht , das für geschiedene Ehegatten jetzt ausdrücklich den Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung normiert ( § 1569 BGB). Stehen die Interessen der Kinder nicht entgegen, kann der Ehegattenunterhalt nach der Scheidung herabgesetzt und zeitlich beschränkt werden - selbst dann, wenn die Ehe sehr lange gedauert und der Expartner die Kinder betreut hatte. Das ergibt sich aus dem neuen § 1578 b BGB und  der neuen Rechtsprechung des BGH zum Aufstockungsunterhalt ( unter www.kanzlei-bbp.de/news.html).

Relevant wird dies besonders dann, wenn die Kinder nicht mehr betreut werden müssen, insbesondere, wenn sie älter als 15 Jahre sind. In einem Urteil vom 14.11.2007 (unter www.kanzlei-bbp.de/news.html) hat der BGH dies präzisiert und damit auch bereits die Weichen für die Auslegung des neuen Rechts gestellt. Er stellt darin klar, dass der Unterhaltsanspruch "keine von ehebedingten Nachteilen unabhängige Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung" biete. Wenn und soweit die Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile zurückzuführen ist, entfällt  oder vermindert sich der Anspruch entsprechend "nach einer Übergangszeit". Zwar hat der Unterhaltspflichtige hierfür die Darlegungs-und Beweislast. Wenn aber der Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung vollzeitig in seinem erlernten oder vor der Ehe ausgeübten Beruf arbeitet oder arbeiten könnte,muss er mit seinem Verdienst daraus auskommen, wenn er nicht nachweist, warum ihm das ausnahmsweise nicht zugemutet werden kann. Allerdings muss dem Expartner insgesamt mindestens ein Betrag in Höhe des "notwendigen Selbstbehalts" bleiben, dies sind derzeit 1000 EUR, wobei ein Mietanteil von 400 EUR eingerechnet ist. Die Länge der "Übergangszeit" orientiert sich nicht an der Ehedauer, sondern ist Frage des "Einzelfalls". Maßgebend ist die Frist, die der Berechtigte braucht, um sich wirtschaftlich und persönlich auf die Kürzung des Unterhalts einzustellen. Der Umstellungszeitraum ist nach der nun gesetzlich normierten und damit auch zum "Programm" der Auslegung erhobenen Eigenverantwortung zu bewerten, die bisherige Rechtsprechung hierzu wirdsich sich daher nicht ohne weiteres übernehmenlassen

Das neue Recht gilt ab 2008 auch für Altfälle. Unterhaltsschuldner können daher auch eine Abänderung von Urteilen oder Vergleichen verlangen, wenn sich nach der neuen Rechtslage erhebliche Abweichungen (mehr als ca. 10 %) ergeben würden. Die Neuregelung wird die "Geschäftsgrundlage" vieler Unterhaltsregelungen so tiefgreifend verändern, dass eine Anpassung verlangt werden kann (§ 313 BGB). Unterhaltstitel sollten daher bereits jetzt neu überprüft werden.