Führerscheinentzug - Nichteignung muss positiv festgestellt werden

Neuerteilung der Fahrerlaubnis
16.04.2020160 Mal gelesen
Im Rahmen der Begutachtung (MPU) muss dem Betroffenen, der einen Drogenverzicht schildert, auch Gelegenheit gegeben werden, diesen glaubhaft zu machen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss vom 03.04.2020 (2 B 1558/19) in dem von uns geführten Verfahren festgestellt, dass auch in Fällen gelegentlichen Cannabiskonsums, in denen die Behörde zur Abklärung der Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) fordert, die Nichteignung positiv festgestellt werden muss und es eben nicht ausreicht, wenn sich das MPU-Gutachten zwar mit der Frage des Verzichts auseinandersetzt, es aber versäumt wird, über geeignete Maßnahmen dem betroffenen Führerscheininhaber die Gelegenheit zu geben, seinen Verzicht bzw. seine Abstinenz darzutun.

In dem entschiedenen Fall war im Rahmen einer Verkehrskontrolle festgestellt worden, dass der Fahrer unter Cannabiseinfluss gefahren ist. Es wurden Cannabisabbaustoffe (THC 18 ng/ml und Hydroxy-THC mit 9,4 ng/ml sowie THC-Carbonsäure mit 145 ng/ml) festgestellt. Entsprechend gab die Fahrerlaubnisbehörde dem Fahrzeugführer auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Fahreignung beizubringen. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass zu erwarten sei, dass der Betroffene auch weiterhin unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen fahren werde, worauf ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde.

Der VGH ist insoweit unserer Rechtsauffassung gefolgt, dass - anders als das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, das zunächst die Entziehung der Fahrerlaubnis bestätigte - die Nichteignung tatsächlich nicht festgestellt worden sei und diese auch in Fällen des Fahrens unter Cannabiseinfluss positiv festzustellen ist. Im Rahmen der Begutachtung ist dem Betroffenen, der glaubhaft einen Drogenverzicht schildert, auch Gelegenheit zu geben, dies ggf. über geeignete und angemessene Belege zu verifizieren. Der VGH hat hierbei darauf verwiesen, dass die Fahrerlaubnis die Aufgabe hat, ein Fahreignungsgutachten zu überprüfen und bei Mängeln auf eine Nachbesserung durch die Gutachtenstelle hinzuwirken. Nachdem im Gutachten lediglich festgestellt worden war, dass die Abstinenznachweise nicht vorlägen, war entgegen den maßgeblichen Richtlinien die Ungeeignetheit i.S.d. § 46 Abs. 1 FeV nicht nachgewiesen, sodass die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wieder angeordnet wurde und der Betroffene seinen Führerschein behalten und weiter fahren darf.

Der VGH hat damit einmal mehr deutlich gemacht, dass die Nichteignung auch in Fällen des zuvor festgestellten Fahrens unter Cannabiseinfluss und des gelegentlichen Cannabiskonsums positiv festzustellen ist und über das die MPU ggf. auch schlüssig eine entsprechende Aufklärung herbeizuführen ist. In der "gutachterlichen Empfehlung" kam man zu Unterbrechungszeiträumen, die dem einer vorangegangenen Drogenabhängigkeit entsprachen, die hier allerdings nicht im Raum stand, was als unzulässig angesehen wurde. Entsprechend war dem Betroffenen die Möglichkeit verwehrt worden, den für eine positive Prognose lediglich noch erforderlichen Abstinenznachweis für eine kürzere Dauer als die geforderten zwölf Monate zu erbringen. Hierbei verwies der VGH darauf, dass dies bspw. für einen Zeitraum von 4,5 Monaten durch entsprechende Haaranalyse möglich gewesen wäre, was im vorliegenden Fall jedoch unterblieben ist, was zulasten der Führerscheinstelle gewertet wurde, zumal dem Betroffenen gerade verwehrt worden war, entsprechende Nachweise zu führen. Der Gutachter hatte nämlich zuvor dargetan, dass er einerseits den Drogenverzicht für plausibel erachtet, dieser indes nicht über entsprechende Abstinenznachweise untermauert sei, weshalb Restzweifel verblieben. Der VGH hat deutlich gemacht, dass es nicht zu Lasten des Betroffenen gehen kann, wenn es die Gutachterstelle unterlässt, ordnungsgemäß aufzuklären und dass die Führerscheinstelle gehalten ist, auf etwaige Nachbesserungen hinzuwirken, wie auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits mit Beschlüssen vom 19.06.2006 (11 C 06.103) und 14.11.2011 (11 CS 11.2349) festgestellt hat.

In den Fällen der Anordnung von Maßnahmen zur Überprüfung der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr bzw. der Beibringung ärztlicher bzw. medizinisch-psychologischer-Gutachten und drohender Entziehung der Fahrerlaubnis sollte daher unbedingt geprüft werden, ob das jeweilige Gutachten den rechtlichen Erfordernissen standhält, bevor es eingereicht wird. Regelmäßig ist den Betroffenen daher zu empfehlen, das Gutachten auch ausschließlich zunächst an sich selbst schicken zu lassen und nicht unmittelbar an die Führerscheinbehörde. Eine entsprechende Rechtsberatung und Vertretung ist in solchen Fällen häufig angezeigt.

Im Hinblick auf die Frage der Rechtmäßigkeit entsprechender Maßnahmen und einer Entziehung der Fahrerlaubnis empfiehlt es sich daher unbedingt, qualifizierte anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Hierfür stehen wir Ihnen jederzeit gern als Ansprechpartner zur Verfügung.

Erich Hünlein
hünlein rechtsanwälte