OLG Köln - Kinderbetreuender Elternteil muß nicht nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes vollschichtig arbeiten

Erbschaft Testament
13.11.2008 1252 Mal gelesen

Das OLG Köln hat entschieden, daß ein Ehegatte keine Vollzeiterwerbsobliegenheit nach der Scheidung hat, wenn das jüngste Kind das 3. Lebensjahr vollendet hat; dies soll sogar gelten, wenn entsprechende Möglichkeiten der Kindebetreuung bestehen. auch nach neuem Recht ist von einem stufenweisen Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen.

1. Sachverhalt
Eine geschiedene Ehefrau betreute zwei minderjährige Kinder (9 und 11 Jahre). Sie arbeitete Teilzeit. Der Ehemann sollte Unterhalt für die Ehefrau zahlen. Der geschiedene Ehemann verweigerte dies u.a. mit dem Argument, daß nach dem neuen Unterhaltsrecht ab dem 3. Lebensjahr eine Vollzeittätigkeit erwartet werden könne.

2. Rechtlicher Hintergrund
Ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt besteht bei der Betreuung von gemeinsamen Kindern, die aus der Ehe stammen. Elternteile, die ihr Kind betreuen, haben zunächst für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt, den sog. Basisunterhalt (§1570 I 1 BGB n.F.). Unter gewissen Voraussetzungen ist er gem. §1570 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 BGB zu verlängern. Ab wann ein kinderbetreuender Elternteil verpflichtet ist, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen, ist streitig.

3. Beschluss des OLG Köln vom 28.08.2008 (Az.: 4 UF 101/08)
Das Gericht verpflichtete den Ehemann zur Unterhaltszahlung. Auch nach neuem Recht sei von einem "stufenweisen Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen". Dabei komme es auf den Einzelfall an. Dabei spreche für die Verlängerung des Unterhalts auch das bereits während der Ehe bestehende Engagement der zu betreuenden Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht. Insbesondere spreche auch die "zeitliche, physische und psychische Beanspruchung des betreuenden Ehegatten" gegen eine Vollzeiterwerbsobliegenheit. Außerdem sei hervorzuheben, daß die Kindesmutter ein 9- und ein 11- jähriges Kind betreut. Zusätzlich habe die Mutter eine 2/3 Stelle und dies sogar Schichtdienst.

Das Gericht führt dazu aus:
"Die Antragsgegnerin muß deshalb an den arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und an dem arbeitsfreien Wochenende die Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder intensivieren, um den Ausfall an den anderen Tagen und am Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren. Es ist allgemein anerkannt, daß neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen ein Anteil an Betreuung und Erziehung der Kinder verbleibt, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter der Kinder abhängen kann".

4. Fazit
Interessant an dem Urteil ist u.a., daß das Urteil zunächst den Elternteil nicht verpflichten will, bei Betreuung eines 3jährigen Kindes Vollzeit zu arbeiten. Andererseits spricht es im Urteil davon, daß die Ehefrau zwei Kinder von 9 und 11 Jahren betreut. Die letztere Konstallation ist aber eine andere, als die der Betreuung eines 3jährigen Kindes. Trotzdem wird nach diesem Urteil deutlich, daß eine Befreiung von der Unterhaltspflicht ab dem 3. Lebensjahr des Kindes grundsätzlich nicht möglich ist.

5. Quelle
OLG Köln vom 28.8.2008 - kann unter http://www.justiz.nrw.de abgerufen werden.

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Klaus Wille
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