Der Begriff „vorhandenes Bargeld“ in privatschriftlichem Testament

Erbrecht Eigentum
19.01.2023104 Mal gelesen
Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass es nach deutschem Recht möglich ist, ein Testament ohne Hinzuziehung eines Notars wirksam zu errichten.

Es dürfte hinlänglich bekannt sein, dass es nach deutschem Recht möglich ist, ein Testament ohne Hinzuziehung eines Notars wirksam zu errichten. Wirksamkeitsvoraussetzung ist lediglich, dass der Testierende testierfähig ist und er ein Testament vollständig handschriftlich selbst verfasst und dieses dann mit seiner Unterschrift versieht (§ 2247 Abs. 1 BGB). Außerdem sollte das Testament das Datum seiner Errichtung tragen und die Unterschrift aus dem Vornamen und Familiennamen des Testierenden bestehen (§ 2247 Abs. 2 und 3 BGB). Derartige Testamente werden in der juristischen Literatur als privatschriftliche Testamente bezeichnet, während die in notarieller Form errichteten Testamente als öffentliche Testamente (§ 2232 BGB) bezeichnet werden.

Die privatschriftlichen Testamente leiden häufig, insbesondere wenn sie ohne juristischen Beistand errichtet werden, an Mängeln, die zu Erbstreitigkeiten führen, ohne dass der Testierende die insoweit bestehende Problematik bei Errichtung des Testaments erkennt. Exemplarisch soll diese Problematik an dem nicht selten in privatschriftlichen Testamenten verwendeten Begriff des „vorhandenen Bargelds“ aufgezeigt werden. Beispielsweise ordnet der Testierende in seinem Testament mehrere Vermächtnisse dahingehend an, dass seine Eigentumswohnung sein Patenkind erhält und das bei seinem Tode „vorhandene Bargeld“ unter drei näher bezeichneten Verwandten aufgeteilt werden soll.

In einem solchen Fall stellt sich dann häufig die Frage, was unter „vorhandenem Bargeld“ zu verstehen ist. So hat das OLG Karlsruhe (ZEV 2007, 380) entschieden, dass unter den Begriff „Bargeld“ nicht nur der Bargeldbestand des Erblassers in seinem Haus bzw. in seiner Geldbörse gemeint ist, sondern auch die leicht verfügbaren Bankguthaben einschließlich frei veräußerlicher Kapitalanlagen auf Depots etc. Demgegenüber hat das OLG München (Beschluss vom 05.04.2022 – 33 U 1473/21) darauf hingewiesen, dass es gegenteiliger Auffassung ist, weil das auf Bankkonten liegende Geld ersichtlich „unbar“ ist. Nach Auffassung des OLG München gibt es gewichtige Argumente für die Auslegung des Begriffs „vorhandenes Bargeld“ in Richtung der physisch vorhandenen Münzen und Scheine, die beim Tod des Erblassers, vorhanden sind. Entgegen der Auffassung der überwiegenden juristischen Literatur weist das OLG München darauf hin, dass man nicht den Schluss ziehen kann, dass im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff „Bargeld“ auch das Buchgeld auf Konten etc. gemeint ist.

Wie die zuvor dargelegten unterschiedlichen Sichtweisen des OLG Karlsruhe und des OLG München zeigen, kann es nach dem Tod des Erblassers schnell zu Streitigkeiten kommen, wenn dieser in seinem Testament unreflektiert Begriffe verwendet, die eine unterschiedliche Auslegung zulassen. Oftmals bedarf es nur einer Präzisierung im Testament, um derartige Streitigkeiten zu vermeiden.

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