Baurecht: Wer haftet bei mehreren möglichen Schadensverursachern?

Bauverordnung Immobilien
27.01.2009560 Mal gelesen

Beauftragt ein Bauherr, ein Generalunternehmer oder ein Bauträger mehrere Handwerksfirmen und stellen sich später Baumängel heraus, bestehen stets erhebliche Beweisprobleme.

Denn oft führt der Gutachter in seinem Sachverständigengutachten in einem Klageverfahren (etwa gerichtet auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung) oder in einem selbstständigen Beweisverfahren aus, es kommen mehrere Schadensursachen in Betracht. Also ist unklar, welcher Handwerker den Baumangel verursacht hat, so dass Ansprüche schwerer durchsetzbar sind.

Das OLG Hamm (Urteil vom 23.10.2008, Az. 21 U 62/08) hat in seiner kürzlich veröffentlichten Entscheidung die Beweisführung bzw. die Durchsetzung der Ansprüche erheblich erleichtert: Sind Folgeschäden nach Ansicht des Gutachters möglicherweise auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, haftet jede beteiligte Handwerksfirma als Auftragnehmerin in voller Höhe für den entstandenen Schaden.

In dem durch das OLG Hamm entschiedenen Fall verlangte der Auftraggeber von einer Sanitärfirma die Kosten für die Behebung eines Wasserschadens. Die Sanitärfirma berief sich darauf, dass der Wasserschaden auf die Leistungen einer anderen Handwerksfirma, einem Natursteinleger, zurückzuführen sei. Der Gutachter stellte in seinem Sachverständigengutachten fest, dass nicht aufklärbar sei, welche Firma den Schaden zu welchem Anteil verursacht habe.

Das Gericht ließ den Einwand der Sanitärfirma nicht gelten. Diese haftet dem Auftraggeber gegenüber in voller Höhe, unabhängig davon, ob die Natursteinlegerfirma den Wasserschaden mitverursacht hat oder nicht. Denn im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer komme es auf die "objektive Mangelfreiheit" im Zeitpunkt der Abnahme an. Da der Natursteinleger den Entlastungsbeweis, dass die Undichtigkeit und damit der Wasserschaden durch den Natursteinleger verursacht wurde nicht führen konnte, haftet die Sanitärfirma voll.

Die durch das OLG Hamm aufgestellten Grundsätze gelten immer dann, wenn für die Verursachung eines Baumangels mehrere Handwerksfirmen in Betracht kommen und nicht bewiesen werden kann, wer den Schaden in welchem Umfang verursacht hat. Jeder möglicherweise ursächliche Schädigungsbeteiligte haftet in vollem Umfang.

Die praktische Konsequenz aus dieser neuen Rechtsprechung ist, dass sich der Auftraggeber (Bauherr/Generalunternehmer/Bauträger) in solchen Konstellationen einen der möglichen Schädiger ?herauspicken? kann. In der Regel wird hier wohl der (vermeintlich) solventeste in Anspruch genommen. Dies stellt eine erhebliche Erleichterung für den Auftraggeber dar.

Die verklagte Handwerksfirma kann sich nur dadurch schützen, dass sie auf eine (Zwischen-)Abnahme ihrer Leistung besteht. Zumindest sollte der Zustand der Leistung während des Baus genauestens dokumentiert werden. Gelingt der Entlastungsbeweis später dennoch nicht, können in einem Folgeprozess zumindest die anderen Handwerksfirmen, die den Schaden mitverursacht haben, verklagt werden (sog. Gesamtschuldnerausgleich). Somit muss die ursprünglich durch den Auftraggeber verklagte Handwerksfirma nicht zwangsläufig auf dem gesamten Schaden sitzen bleiben. Zunächst muss sie jedoch gegenüber dem Auftraggeber in Vorleistung treten. In dem Prozess gegen den Auftraggeber sollte die verklagte Handwerksfirma in jedem Fall den anderen möglichen Schadensverursachern den Streit verkünden, da dann die Beweisergebnisse für den Folgeprozess verwertbar sind.

MAXIMILIAN KOCH
Rechtsanwalt, M.B.A.
LEDERER & PARTNER Rechtsanwälte