Nachdem in den letzten Jahren die Terrorismusabwehr für viele Gesetzesänderungen, bis hin zu Grundrechtbeschränkungen herhalten musste, wurde jetzt auch das Baurecht erreicht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied mit Urteil vom 25. Januar 2007 (Aktenzeichen: - 4 C 1.06 -), dass die mit der Nutzung eines Gebäudes zusammenhängenden Gefahren nicht nur in den Bereich des Polizei- und Ordnungsrechtes gehören, sondern auch bei der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsprüfung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens berücksichtigt werden müssen.
Bevor also die Baugenehmigung erteilt wird, muss die Sicherheitslage geklärt werden.
Worum ging es konkret?
In dem fraglichen Gebiet von Karlsruhe befand sich neben zahlreichen Wohnhäusern ein Betriebsgebäude der Post.
Für dieses wurde eine Nutzungsänderung für ein türkisches Konsulat beantragt. Hiergegen wandten sich zahlreiche Anwohner mit dem Argument, dass es zu terroristischen Anschlägen auf das Konsulat kommen könnte und hierdurch die Nachbarschaft gefährdet wäre, mithin das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei.
Die Stadt Karlsruhe erteilte gleichwohl die Genehmigung mit diversen Sicherheitsauflagen gegen welche die betroffenen Nachbarn eine zulässige Anfechtungsklage erhoben.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim wiesen diese Klage ab und führten mit zutreffenden Argumenten aus, dass die Gefahr terroristischer Anschläge dem Bauvorhaben nicht zugerechnet werden können. Derartige Gefahren würden nicht durch die bestimmungsgemäße Nutzung des Konsulates hervorgerufen, sodass sie nicht durch das Bauplanungsrecht verhindert werden könnten, sondern nur durch polizeirechtliche Maßnahmen.
Anders aber das Bundesverwaltungsgericht:
Mit der Nutzung zusammenhängende Gefahren müssten auch im Bauplanungsrecht berücksichtigt werden.
Die Klage scheiterte am Ende zwar auch beim Bundesverwaltungsgericht aber mit dem Hinweis, dass die Baubehörde in Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden eine Prognose erstellen müsse, ob ein konkrete Anschlagsgefahr besteht, welche mit Sicherungsmaßnahmen beherrscht werden kann, die wiederum keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Umgebung bedeuten.
Nach dieser Entscheidung bleibt aber die Frage offen, ob in Zukunft auch bei anderen denkbaren Anschlagszielen wie Einkaufszentren, Behördengebäuden, etc. eine Gefährdungsprognose erstellt werden muss?
Vor allem aber, wie konkret muss eine Anschlagsgefahr sein?
Ist eine Baugenehmigung/Nutzungsänderung bereits dann zu versagen, wenn ernst zunehmende Drohbriefe vorliegen?
Anders als das Bundesverwaltungsgericht sahen die Vorinstanzen wohl deutlicher, dass hier eine Büchse geöffnet wird, die besser verschlossen geblieben wäre.
Ulf Linder
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
www.pfeiffer-link.de
03.03.2007
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