Positives Urteil für Prämiensparer in erster Musterfeststellungsklage

Sparkasse
23.04.2020280 Mal gelesen
OLG Dresden gibt Prämiensparern Hoffnung. Sparkasse Leipzig verurteilt.

Bereits am ersten Verhandlungstag, dem 22.04.2020, hat das OLG Dresden im Verfahren der Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, Az. 5 MK 1/19, überraschend und mit bundesweiter Signalwirkung durch Urteil die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsregelung für den formularmäßig vereinbarten variablen Zinssatz bei Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel" festgestellt. Die Formulierung, "Die Spareinlage wird variabel, z.Z. mit . % verzinst.", findet sich so oder ähnlich in tausenden Verträgen.

 

Bereits seit 2004 hat der BGH allgemeine Anforderungen an die Gestaltung von Zinsanpassungsklauseln aufgestellt und zuletzt mit Urteil vom 14.03.2017, Az. XI ZR 508/15, auch hinsichtlich der Formulierung: "Spareinlagen werden zu den von der Bank durch Aushang in den Geschäftsräumen der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinssätzen verzinst. Änderungen werden mit der Bekanntgabe wirksam." einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB festgestellt, da das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen nicht erreicht ist. Nicht nur diese höchstrichterliche Entscheidung bestätigte die Unwirksamkeit entsprechender formularmäßig Vereinbarungen zum variablen Zinssatz bei Prämiensparverträgen, wie beispielsweise durch die Stadtsparkasse München beim Produkt "S-Prämiensparen flexibel" wie folgt verwendet: "Es gilt der jeweils im Preisaushang bekanntgegebene Zinssatz (derzeit .% p.a.)." Schon in seiner Entscheidung vom 17.02.2004, Az. XI ZR 140/03, stellte der XI. Zivilsenat des BGH fest: "Bei langfristig angelegten Sparverträgen ist eine formularmäßige Zinsänderungsklausel, die dem Kreditinstitut eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis einräumt, unwirksam."

 

Hinsichtlich der Frage, wie die Zinsanpassung zu erfolgen hat, verpflichtete das OLG Dresden die beklagte Sparkasse, diese auf Grundlage eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatz vorzunehmen, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommt.

 

Grundlage wird daher ein in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichter Referenzzins für langfristige Spareinlagen sein müssen. Dies entspricht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus der Entscheidung vom 13.04.2010, Az. XI ZR 197/09, wonach allein ein solcher Referenzzins für langfristige Spareinlagen interessengerecht für das Konzept des Sparvertrages ist und die Einbeziehung eines Referenzzinssatzes für kurzfristige Spareinlagen ausschließt.

 

Zum ebenso bedeutenden Gesichtspunkt, wann der vertragliche Anspruch des Sparers auf die zu berechnenden Zinsen fällig wird, hat das OLG Dresden festgestellt, dass dies frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrages der Fall ist. Nach Auffassung des Justiziars der Verbraucherzentrale Sachsen, Michael Hummel, heißt dies: "Es müssen für die gesamte Vertragslaufzeit die nicht korrekt berechneten Zinsen nachgezahlt werden." (Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Sachsen vom 22.04.2020)

 

Auch wenn die Entscheidung des OLG Dresden nicht rechtskräftig ist und die Revision zum BGH zugelassen wurde, zeigt sie ein deutlich positives Signal für Prämiensparer, die ihren Prämiensparvertrag selbst nach einer wirksamen Kündigung nicht ungeprüft zu den Akten zu legen sollten.

 

Auch die Kunden der mehr als 28.000 Prämiensparverträge der Stadtsparkasse München, deren Verträge im letzten Jahr gekündigt wurden, sollten, wie die Kunden weiterer 15.000 Prämiensparverträge dieses Kreditinstitutes, deren Kündigung im Jahr 2020 zu erwarten ist, ihre Verträge der Prüfung unterziehen lassen. Denn auch die von der Stadtsparkasse München verwendeten Zinsanpassungsklauseln entsprechen nicht den höchst- und obergerichtlichen Vorgaben. 

 

Zwar hat die BaFin hatte im Februar dieses Jahres in ihrem Journal auf Seite 16 bereits tituliert: "Zinsanpassungsklausel unwirksam!" und die Banken darauf hingewiesen, ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln in Prämiensparverträgen zu informieren. Ob und mit welchem Inhalt dies passiert ist jedoch offen.

 

Nicht ohne Beachtung dürfte dabei auch die Feststellung des OLG Stuttgart mit Urteil vom 27.03.2019, Az. 4 U 184/18, sein, wonach ein ohne fremde Hilfe möglicher einfacher und klarer Zugriff des Kunden auf den verwendeten Referenzzins erforderlich ist, da andernfalls die auf Kundenseite notwendige Transparenz nicht erfüllt ist. Eine Voraussetzung, die auch beispielsweise ein Verweis der Bank auf einen gleitenden 10-Jahreszins gemäß den veröffentlichten Geld- und Kapitalmarktzinssätzen der Deutschen Bundesbank nicht erfüllt. 

 

Schon bei kleinen Sparraten sind bei korrekter Zinsanpassung Zinsnachzahlungsansprüche durchaus beachtlich. Wer Mitte der 90er Jahre, wie eine Vielzahl der Kunden, einen Prämiensparvertrag mit einer monatlichen Sparrate von DM 100,00 abschloss, kann heute mit einem Anspruch auf Zinsnachzahlung in Höhe von ca. Euro 3.000,00 bis 4.000,00 rechnen. Bei höheren Sparraten kann eine korrekte Zinsberechnung einen signifikanten 5- stelligen Nachforderungsanspruch begründen.

 

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