Schnellfahrer tragen bei Verkehrsunfall u.U. automatisch Mitschuld

Autounfall Verkehrsunfall
05.06.2015241 Mal gelesen
Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, wo es auf Autobahnen keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Dort wo also nicht etwa die Geschwindigkeit durch Verkehrsschilder eingeschränkt ist, darf man grundsätzlich so schnell fahren wie man will.

Allerdings sollte man wissen, dass man bei einem Verkehrsunfall trotzdem haften kann, wenn man schnell unterwegs ist.

Auf deutschen Autobahnen gilt, sofern keine Geschwindigkeitsbegrenzung vorgegeben ist eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.

Man darf zwar auch schneller fahren, ohne dass man sich ordnungswidrig verhält, bei einem Unfall kann es aber sehr schnell zu einer kostenträchtigen Mithaftung kommen, wenn man die Richtgeschwindigkeit deutlich überschreitet.

Das gilt selbst dann, wenn der Unfallgegner einen schweren Fahrfehler begangen hat.

Über einen solchen Fall hat das Oberlandesgericht Koblenz im Jahr 2013 entschieden.

Beim Auffahren auf die Autobahn wechselte ein Autofahrer grob verkehrswidrig unmittelbar von der Einfädelspur auf die Überholspur, um ein Fahrzeug zu überholen. Dabei kam es zur Kollision mit einem Wagen, der sich mit rund 200 km/h von hinten näherte. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung existierte im befahrenen Teilabschnitt der Autobahn nicht. Der Halter des überholenden Fahrzeugs machte Ansprüche wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs geltend. 

Den Schnellfahrer trifft ein erhebliches Mitverschulden!

In der zweiten Instanz entschieden die Richter, dass der Autofahrer, der grob verkehrswidrig auf die Autobahn gefahren war, Anspruch auf Ersatz von 40 Prozent des Schadens hat.

Auf der einen Seite sei zwar dessen erhebliches Verschulden zu berücksichtigen, da er von der Einfädelspur direkt auf die Überholspur gewechselt sei.

Auf der anderen Seite stehe die deutlich erhöhte Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs, das die Richtgeschwindigkeit um rund 60 Prozent überschritten habe.

Der Fahrer habe dadurch ein erhebliches Gefahrenpotential geschaffen. Die Richtgeschwindigkeit sei nämlich gerade darum empfohlen worden, um Gefahren herabzusetzen, die erfahrungsgemäß durch die hohe Geschwindigkeit eines Kfz entstünden. "Wer hingegen, zumal wie vorliegend bei Dunkelheit, die Richtgeschwindigkeit in massiver Art und Weise ignoriert, führt zu Gunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den gegebenen Unfallvermeidungsspielraum nahezu gegen Null zurück", erläuterte das Gericht.

Die von der hohen Geschwindigkeit des anderen Fahrzeugs ausgehende Gefahr habe also wesentlich zum Unfall beigetragen. Bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hätte der Fahrer bereits durch eine mittelstarke Bremsung den Unfall vermeiden können.

Oberlandesgericht Koblenz Urteil vom 14. Oktober 2013 (AZ: 12 U 313/13)


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Rechtsanwalt Oliver Keller

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