Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren stellt hohe Anforderungen

Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren stellt hohe Anforderungen
09.01.2012664 Mal gelesen
Die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren ist nicht als standardisiertes Messverfahren anerkannt. Sofern der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht eingeräumt hat,muss die richterliche Beweiswürdigung daher umfangreichen Begründungsanforderungen gerecht werden

Anders als beim standardisierten Messverfahren (das bei allen gängigen Geschwindigkeitsmessgeräten, Rotlichtüberwachungsanlagen, den gängigen Abstandsmessverfahren sowie der Atemalkoholmessung mit Draeger Evidential gegben ist ) hat das Gericht bei einer nicht standardisierten Messmethode den möglichen Fehlerquellen dadurch Rechnung zu tragen, dass es ermittelt und im Urteil ausführlich beschreibt, wie das Messergebnis zustande gekommen ist.  

Wurde die Geschwindigkeit des Betroffenen durch Ablesen des Geschwindigkeitswertes vom nicht geeichten Tachometer eines nachfahrenden Polizeifahrzeugs festgestellt, muss dem Urteil daher zu entnehmen sein:

  • wie lang die Messstrecke war
  • wie groß der gleichbleibende Abstand zwischen dem Betroffenen und dem nachfahrenden Polizeifahrzeug war
  • mit welcher Geschwindigkeit gefahren wurde
  • ob der verwendete Tachometer binnen Jahresfrist geeicht bzw. justiert worden war
  • in welcher Höhe ein Sicherheitsabschlag auf die abgelesene Geschwindigkeit vorgenommen wurde

Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren bei Dunkelheit bzw. zur Nachtzeit außerhalb geschlossener Ortschaften steigen die Begründungsanforderungen für eine Verurteilung des Betroffenen noch höher. Zusätzlich bedarf es dann Ausführungen dazu:

  • ob der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug durch die Scheinwerfer des Polizeifahrzeugs oder durch andere Lichtquellen so aufgehellt war, dass dieser ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte
  • ob für die Schätzung eines konstanten Abstands trotz Dunkelheit zu erkennende, ausreichende Orientierungspunkte vorhanden waren
  • ob für die Beamten die Umrisse des vorausfahrenden Fahrzeugs und nicht etwa nur dessen Rücklichter erkennbar waren.

Darauf weist aktuell das Oberlandesgericht Hamm in einem Beschluss vom 15.09.2011 hin (Az. III-2 RBs 108/11). Das OLG Hamm stellt in dieser Entscheidung noch einmal klar, dass es für eine Verurteilung nicht ausreichend sein könne, wenn das Amtsgericht in seinen Entscheidungsgründen lediglich feststellt, dass die Beamten während der Nachfahrt trotz Dunkelheit durchgängig Sichtkontakt zu dem gemessenen Fahrzeug hatten und sich für einen gleichbleibenden Abstand an der mittigen Fahrstreifenmarkierung und dem eigenen Frontlichtkegel orientierten.

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Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, ist auf die Verteidigung in Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren spezialisiert. Näheres unter www.cd-recht.de.