Im zugrundeliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin als Altenpflegerin tätig. Nachdem die Vorgesetzte den bereits ausgehängten Dienstplan mehrmals zu Lasten der Mitarbeiterin geändert hatte, wendete sich diese an die Pflegedienstleitung. Diese wollte angeblich telefonisch Rücksprache halten. Als kein Rückruf erfolgte, rief die Mitarbeiterin sie an und reichte während des Gespräches den Hörer an ihren Ehemann weiter.
Nach dem Telefonat erhielt die Arbeitnehmerin die Kündigung, ohne dass sie vorher abgemahnt worden war. Dies begründete der Arbeitgeber damit, dass der Ehemann angeblich die Teamleiterin beleidigt haben soll. Er soll unter anderem die Vorgesetzte als "bescheuert" und "inkompetent" bezeichnet und von "Schikane" gesprochen haben. Darüber hinaus soll er die folgende Äußerung gemacht haben: "Ich fahre jetzt in den H. und haue der Fe. eins auf die Fresse."
Kündigung von Arbeitnehmerin war rechtswidrig
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied mit Urteil vom 05.04.2013 (Az. 10 Sa 2339/12) im Einklang mit der Vorinstanz, dass die Kündigung des Arbeitsvertrages rechtswidrig war. Das vorgeworfene Verhalten des Ehemanns kann nur dann ein Kündigungsgrund im Sinne von § 1 KSchG sein, wenn sie ihre Pflichten im Arbeitsvertrag verletzt hat. Dies setzt voraus, dass sie die Äußerungen hätte verhindern können. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Abmahnung war nicht entbehrlich
Darüber hinaus muss vor einer Kündigung normalerweise der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine Abmahnung ausgesprochen haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Arbeitnehmer sich dann vertragstreu verhält und etwa das Telefonat abbricht. Eine Abmahnung ist allenfalls dann entbehrlich, wenn die Arbeitnehmerin ein gravierendes Fehlverhalten begangen hätte. Davon kann jedoch bei dem Verhalten eines Dritten gewöhnlich nicht ausgegangen werden.
Kündigung von Arbeitnehmer: Fehlverhalten durch den Arbeitgeber ist zu berücksichtigen
Selbst wenn eine Abmahnung entbehrlich gewesen sein sollte, so wäre die Kündigung der Arbeitnehmerin hier rechtswidrig gewesen. Dies ergibt sich hier nach Ansicht des Gerichtes aus der im Falle einer Kündigung gebotenen Abwägung der Interessen. Zu berücksichtigen ist, dass hier ein erhebliches Fehlverhaltens seitens der Vorgesetzten vorlag-was Anlass für den Anruf gewesen ist. Diese hatte den bereits ausgehängten Dienstplan sowohl im Juni wie im Juli des betreffenden Jahres geändert-ohne vorher Rücksprache gehalten zu haben. Dadurch wurden der Mitarbeiterin zwei Wochenenden entzogen, an denen sie laut dem ursprünglichen Dienstplan eigentlich frei hatte. Besonders gravierend war, dass eines dieser Wochenenden direkt vor dem Urlaub lag, was dem Arbeitgeber auch bekannt war.
Fazit
Arbeitnehmer sollten auf keinen Fall t ihren Arbeitgeber beleidigen oder ihn sogar bedrohen. Das gilt gerade auch für soziale Netzwerken wie Facebook. Ansonsten müssen sie mit der fristlosen Kündigung rechnen ohne vorhergehende Abmahnungen. Demgegenüber können Arbeitnehmer normalerweise nicht für Äußerungen eines Dritten - wie dem Ehepartner - verantwortlich gemacht werden. Trotzdem sollte man hier vorsichtig sein, weil Ausnahmekonstellationen denkbar sind. Außerdem gibt es hierzu noch keine gefestigte Rechtsprechung.
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