Versorgungsordnung einer betrieblichen Altersversorgung darf spät heiratende Arbeitnehmer benachteiligen

Versorgungsordnung einer betrieblichen Altersversorgung darf spät heiratende Arbeitnehmer benachteiligen
29.05.2013487 Mal gelesen
Wenn die Versorgungsordnung einer betrieblichen Altersversorgung keine Witwenrente für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer die Ehe erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen hat, liegt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts München keine verbotene Benachteiligung wegen des Alters vor

Die Witwe eines am 1947 geborenen und am 14.12.2010 verstorbenen Arbeitnehmers macht Ansprüche auf Witwenrente aus einer betrieblichen Altersversorgung geltend. Sie lebte seit dem Jahre 1992 mit ihrem verstorbenen Ehemann in einer Lebensgemeinschaft zusammen, verlobte sich Ostern 1993, heirate ihn (dummerweise) indes erst am 8. August 2008. Da ward ihr Gatte gerade mal eben 61 Jahre alt.

Der verstorbene Ehemann der Witwe  war  auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.8.1989  seit dem 1.12.1989 beschäftigt, zuletzt in einem Altersteilzeitmodell. Im Anstellungsvertrag wurde auf eine betriebliche Altersversorgung hingewiesen. Dort hieß es unter anderem:

"Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt die hinterlassene Ehefrau . mit dessen Tode. Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, daß ... die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat und daß, bereits am 1. Mai . auch die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat.

Den Anspruch auf Witwenrente erwirbt auch die hinterlassene Ehefrau eines früheren Arbeitnehmers, der bis zu seinem Tode selbst Anspruch auf Firmenrente gehabt hat. Zusätzliche Anspruchsvoraussetzungen sind, dass der Rentenempfänger die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres und vor dem Erwerb des Anspruchs auf Firmenrente geschlossen hat und daß bereits am 1. Mai vor seinem Tode die Ehe mindestens ein Jahr bestanden hat."

Mit Schreiben vom 4. Januar 2011 avisierte die ehemalige Arbeitgeberin die Zahlung einer Firmen-Witwenrente und forderte dazu noch einige Unterlagen an. Mit Schreiben vom 6. Mai 2011 informierte die Arbeitgeberin die Witwe dahingehend, dass es wegen des Heiratsalters doch nicht zur Zahlung einer Witwenrente komme.

Daraufhin macht die Witwe ihre Firmen-Witwenrente klagweise vor dem Arbeitsgericht geltend:

Ihr stehe die Firmen-Witwenrente zu, denn die Bestimmung in der Versorgungsordnung, wonach die Ehe vor der Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen werden müsse, stelle eine Altersdiskriminierung dar. Der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz und der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie seien verletzt. Schließlich läge auch ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, welches eine Benachteiligung wegen des Alters verbiete.

Der Arbeitgeber sieht keine unzulässige Benachteiligung.

Sowohl Arbeitsgericht, als auch Landesarbeitsgericht wiesen ihre Klage ab.

Die  den Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung einschränkende Spätehenklausel, wonach Anspruchsvoraussetzung für eine Witwenrente sei, dass der Mitarbeiter die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen hat, halte auch einer Überprüfung anhand des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes stand. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dürfen Beschäftigte nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden. Der mit der Versorgungsordnung verbundene Ausschluss der Witwe von einer Witwenrente wegen der Heirat des Arbeitnehmers erst nach dessen Vollendung des 60. Lebensjahres, der per se eine Benachteiligung wegen des Alters darstellt,  sei jedoch gerechtfertigt. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gelte, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters zulässig sei, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei, wobei die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein müssen. Dies sei hier der Fall. Auch nach dem Recht der Europäischen Union können die Mitgliedstaaten  vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Altersrente keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt.

Das Landesarbeitsgericht erblickte keine Benachteiligung wegen des Alters und wies die Klage der Witwe ab.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 15.01.2013; 7 Sa 573/12

Vorinstanz: Arbeitsgericht München, Urteil vom 04.06.2012; 3 Ca 9945/11)

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