Im ruhenden Arbeitsverhältnis können Urlaubsansprüche nicht unbegrenzt angesammelt werden

Im ruhenden Arbeitsverhältnis können Urlaubsansprüche nicht unbegrenzt angesammelt werden
14.05.2013284 Mal gelesen
Urlaubsansprüche gehen nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind dann bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten.

Ein Kraftfahrer war infolge eines früher erlittenen Unfalls von Oktober 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid des Landratsamtes vom 29. Mai 2008 wurde er mit einem Grad der Behinderung von 70 als Schwerbehinderter anerkannt. Nach Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug hat der Kraftfahrer für die Zeit vom 25.6.2008 bis 31.5.2009 Arbeitslosengeld bezogen. Ab 1. Juni 2009 war unser Kraftfahrer anderweitig in Vollzeit beschäftigt. Am 13. Mai 2008 beantragte der Arbeitgeber beim Integrationsamt ein Präventionsverfahren zur Wiedereingliederung für den Kraftfahrer. Das Amt teilte dem Arbeitgeber am 8. Februar 2010 mit, dass ein Präventionsverfahren nicht durchgeführt werden könne, da der Kraftfahrer bereits seit Monaten bei einem anderen Unternehmen beschäftigt sei.

Am 19. Oktober 2010 kündigte der Arbeitgeber hierauf mit Zustimmung des Integrationsamts das Arbeitsverhältnis dem Kraftfahrer ordentlich zum 30. November 2010.

Unser Berufskraftfahrer erhob hiergegen Kündigungsschutzklage. Hilfsweise verlangt er Urlaubsabgeltung für 104 Tage nicht genommenen Urlaub aus dem Zeitraum vom  1. Januar 2007 bis 30. November 2010. In Höhe von 7.999,68 €.

Sein Arbeitgeber hält die Kündigung für gerechtfertigt. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe auch nicht, da der Kraftfahrer bereits seit dem 1. Juni 2009 bei einem anderen Unternehmen beschäftigt sei.

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab und sprach dem Kraftfahrer Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Mai 2009 (=63 Tage) zu. Für die Zeit ab dem 1. Juni 2009 habe er Ansprüche nur gegenüber seinem neuen Arbeitgeber.

Das Landesarbeitsgericht hat auf die sodann den Abgeltungsanspruch weiter reduziert. Der Kraftfahrer habe einen Anspruch auf Abgeltung der bei Ausscheiden offenen Urlaubsansprüche  lediglich für das Jahr 2009. Ein Anspruch auf Abgeltung der Ansprüche 2007 und 2008 besteht nicht, da diese vor dem Ausscheiden verfallen sind.

Das Gericht geht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien während des Bezugs von Krankengeld und später Arbeitslosengeld geruht habe. Auch in dieser zeit seien Urlaubsansprüche entstanden. Diese Urlaubsansprüche seien auch nicht zum 31. März des Folgejahres untergegangen. Aber die durchgehende Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses führe nicht dazu, dass bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses die gesetzlichen Urlaubsansprüche ohne Begrenzung angesammelt werden konnten.

Der Europäische Gerichtshof habe in einer Entscheidung aus dem Jahre 2009 verlangt,  dass der Übertragungszeitraum für einen Urlaubsanspruch die Dauer des Bezugszeitraums deutlich überschreiten müsse. Eine nationale Regelung mit einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten steht danach europäischem Recht  nicht entgegen. Demnach teilt der aus dem Vorjahr übertragene Urlaubsanspruch, der nach Ablauf des Übertragungszeitraums nicht untergegangen ist, das rechtliche Schicksal des Urlaubsanspruchs, den der Arbeitnehmer zu Beginn des aktuellen Urlaubsjahres erworben hat. Er unterliegt damit dem Fristenregime des zu Beginn des neuen Urlaubsjahres entstandenen Urlaubsanspruchs. Wird der danach übertragene Urlaubsanspruch innerhalb dieses Zeitraum erfüllbar, hat der Arbeitnehmer zur Vermeidung des Untergangs diesen bis zum Ende des Bezugs- oder Übertragungszeitraums zu nehmen. Der nicht untergegangene Urlaubsanspruch sei daher innerhalb von 15 Monaten nach Ende des Kalenderjahres als Bezugszeitraum zu nehmen. Bleibt der Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig erkrankt, ist der Urlaubsanspruch weiterhin nicht erfüllbar. Er geht mit Ablauf der 15-Monatsfrist unter.

Aus diesem Grunde sind im Jahre 2010 die Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2007 und 2008 untergegangen. Urlaubsabgeltung sei somit nur für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2009 zu zahlen.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2011;  10 Sa 19/11

Vorinstanz: Arbeitsgericht Lörrach, Urteil vom 01.03.2011; 4 Ca 434/10)

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