Eine lang anhaltende Krankheit des Arbeitnehmers kann eine ordentliche Kündigung rechtfertigen

Eine lang anhaltende Krankheit des Arbeitnehmers kann eine ordentliche Kündigung rechtfertigen
10.05.2013498 Mal gelesen
Ist das Arbeitsverhältnis durch eine lang anhaltende Krankheit des Arbeitnehmers mit ungewissem Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit belastet, ist eine deshalb ausgesprochene Kündigung nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern nicht unwirksam.

Ein im Zeitpunkt der Kündigung 56 Jahre alter Arbeitnehmer arbeitete seit Juni 1989 als Maurer und Fliesenleger bei verschiedenen Unternehmen. Seit November 2006 hat der Maurer und Fliesenleger einen Arbeitsvertrag mit dem jetzigen Arbeitgeber. Er ist der einzige Fliesenleger in dessen Betrieb. Der Arbeitgeber beschäftigt einschließlich des Fliesenlegers nur vier Arbeitnehmer.

Der Fliesenleger erlitt am 19. Mai 2010 einen schweren Bandscheibenvorfall und war danach arbeitsunfähig krankgeschrieben. Krankheit und Arbeitsunfähigkeit dauerten bis zur Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht fort. Der Arbeitgeber hat wegen des krankheitsbedingten Ausfalls des Fliesenlegers  eine neue Kraft  eingestellt, die in der Lage ist, Fliesenlegerarbeiten zu übernehmen. Weil der Arbeitgeber mit der Arbeitsleistung dieser Kraft sehr zufrieden ist, gehört sie inzwischen zum Stammpersonal.

Mit Schreiben vom 13. November 2010  kündigte der Arbeitgeber das mit dem Fliesenleger bestehende Arbeitsverhältnis wegen seiner Krankheit zum 19. November 2010.

Der Fliesenleger erhob hiergegen Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage insoweit stattgegeben, als dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung jedenfalls bis zum 30. Juni 2011 fortbestehen wird. Im Übrigen wurde die Kündigungsschutzklage jedoch abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil bestätigt.

Das Kündigungsschutzgesetz finde wegen der geringen Anzahl von Arbeitnehmern auf diesen Fall keine Anwendung. Jedoch müsse ein Arbeitgeber auch in Fällen, in denen  das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, die Grundsätze von Treu und Glauben beachten. Diese seien im vorliegenden Fall jedoch hinreichend beachtet worden.

Es sei im Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Krankheit des Fliesenlegers zu einer Funktionsstörung gekommen, deren Ende zum Zeitpunkt der Kündigung nicht absehbar war. Da der Fliesenleger der einzige Arbeitnehmer beim Arbeitgeber war, der Fliesenlegerarbeiten übernommen hat, bestand auf Seiten des Arbeitgebers ein gewisser Handlungsdruck. Auch wenn man darauf abstelle, dass die Kündigung nicht allein wegen des Ausfalls des Fliesenlegers  ausgesprochen wurde, sondern auch wegen der erfolgreichen Wiederbesetzung seiner Stelle durch einen jüngeren Arbeitnehmer, könne ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht angenommen werden.

Nach Ansicht des Gerichts komme der fehlenden positiven Prognose hinsichtlich der Wiedergenesung des Fliesenlegers die fallentscheidende Bedeutung zu. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe der Arbeitgeber aufgrund der 6-monatigen Krankheit und seiner Kenntnisse von dem Leiden des Fliesenlegers davon ausgehen können, dass mit einer alsbaldigen Wiedergenesung nicht zu rechnen sei.

Die Kündigung sei schließlich auch nicht sittenwidrig.

Eine mehrere Monate währende auf Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit von nicht absehbarer Dauer ist selbst im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes an sich geeignet, einen Kündigungsgrund abzugeben.  Dies vorausgeschickt, verstößt die Kündigung auch bei Anlegung eines objektiven Wertmaßstabes nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.

 

Nach alledem war die Kündigung des Fliesenlegers unter Einhaltung der Kündigungsfrist für die ordentliche Kündigung gerechtfertigt.

  

(Quelle: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 24.01.2012; 5 Sa 153/11

Vorinstanz: Arbeitsgericht Schwerin, Urteil vom 12. Mai 2011; 3 Ca 2259/10)

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