Vorstellungsgespräch bei anderem Arbeitgeber während der Krankschreibung rechtfertigt keine Kündigung

Vorstellungsgespräch bei anderem Arbeitgeber während der Krankschreibung rechtfertigt keine Kündigung
06.05.2013503 Mal gelesen
Ein von einem Arbeitnehmer gezeigter Abkehrwille rechtfertigt nicht jedenfalls die Kündigung. Solange der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten erfüllt, kann ihm nicht vorgeworfen werden, dass er sich nach einem anderen Arbeitgeber umschaut, meint das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern

Ein "Abteilungsleiter Reha-Technik" war zu einem monatlichen Bruttogehalt von 5.500,00 Euro bei einem Sanitärfachhändler beschäftig. Er war direkt dem Geschäftsführer unterstellt, ihm wurde Prokura in Aussicht gestellt und er durfte seinen Dienstwagen auch privat benutzen. Zum Thema Kündigung war arbeitsvertraglich vereinbart: "Der Dienstvertrag kann von jeder Partei mit einer Frist von 1 Monat gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von 1 Jahre verlängert sich die Kündigungsfrist auf 2 Monate und nach 2 Jahren auf 3 Monate zum Quartalsende."

Unter dem Datum des 13. Juli 2011 erhielt der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Abmahnung, die er mit einer Klage angegriffen hat. Hier wird ihm vorgeworfen, er habe sich nicht mit dem nötigen Nachdruck und zusätzlich verspätet darum bemüht von seinem untergebenen Mitarbeiter K. in Erfahrung zu bringen, ob dessen Arbeitsunfähigkeit auf ein schuldhaftes Verhalten Dritter zurückgeführt werden könne.

Ende Mai 2011 hatte sich der Arbeitnehmer auf die in der Ostsee-Zeitung ausgeschriebene Position des Geschäftsführers der städtischen "A. gGmbH" beworben. Da er zu den aussichtsreichen Kandidaten gehört hatte, wurde er gebeten, sich bei der Bürgerschaft der Hansestadt vorzustellen.  Der 22.  August war als Vorstellungstermin angesetzt. Diesen Termin nahm der Arbeitnehmer auch wahr. Indes war er zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krank geschrieben.

Darauf hin hat sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit ihm unter dem Datum des 22. August 2011, ihm zugegangen am Folgetag, außerordentlich und hilfsweise ordentlich gekündigt. Er hätte während seiner Krankschreibung nicht einfach seine Wohnung verlassen dürfen, meint der Arbeitgeber.

Der Arbeitnehmer erhob hiergegen klagerweiternd zu der anhängigen Klage gegen die Abmahnung Kündigungsschutzklage.

Die Klage hatte in beiden Instanzen vollen  Erfolg.

Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer habe durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwindet. Das bedeutet aber nicht, dass er nur das Bett zu hüten hat, oder jedenfalls die eigene Wohnung nicht verlassen sollte. Im vorliegenden Falle habe der Arbeitnehmer während der hier streitigen Arbeitsunfähigkeit an einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit seines rechten Arms gelitten, die auf einen eingeklemmten Nerv zurückzuführen war. Dadurch sei er nicht gehindert gewesen, seine Wohnung für den öffentlichen Auftritt zu verlassen.

Der Auftritt des Arbeitnehmers in der Bürgerschaft und die damit in Zusammenhang stehenden Umstände können die Kündigung auch nicht unter anderen Gesichtspunkten rechtfertigen. Ein von einem Arbeitnehmer gezeigter Abkehrwille rechtfertigt nicht ohne weiteres die Kündigung. Solange der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber erfüllt, kann es ihm grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er sich nach einem anderen Arbeitgeber umschaut. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Die außerordentliche Kündigung  sei aus diesem Grunde ungerechtfertigt. Da gelte auch für die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung, denn diese sei nicht sozial gerechtfertigt.

Keiner der vom Arbeitgeber vorgetragenen Gesichtspunkte sei  geeignet, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses  sozial zu rechtfertigen, wie das Gericht sodann noch näher ausführte.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05.03.2013; 5 Sa 106/12)

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