Kündigungsschutz: Leiharbeitnehmer zählen doch mit - ein Stolperstein für Arbeitgeber?

Kündigungsschutz: Leiharbeitnehmer zählen doch mit - ein Stolperstein für Arbeitgeber?
15.04.2013386 Mal gelesen
Der Beitrag stellt die Entscheidung des BAG, Urteil vom 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 dar.

1. Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten seit Juli 2007 beschäftigt. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien frsitgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Das Kündigungsschutzgesetz sei damit für ihn anwendbar.

2. Entscheidung

In den ersten beiden Instanzen blieb die Klage ohne Erfolg. Allerdings hatte die Revision des Klägers vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Nach dem BAG sei es nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG beschäftigt gewesen seien. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern stehe nicht entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründeten. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes diene der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand, dass der Verwaltungsaufwand eines Kündigungsschutzprozesses kleinere Betriebe typischerweise stärker belaste.

Das rechtfertige keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruhe.

Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es stehe noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer aufgrund eines regelmäßigen oder eines für den Betrieb "in der Regel" nicht kennzeichnenden Geschäftsanfalls beschäftigt gewesen seien.

3. Praxishinweise

Gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Durch die Erhöhung der Schwellenwerte von 5 auf 10 Arbeitnehmer beabsichtigte der Gesetzgeber eine Flexibilitäts- und Attraktivitätssteigerung der Kleinstbetriebe.

Das BAG hat mit der vorliegenden Entscheidung an seine bisherige Rechtsprechung zur Einbeziehung von Leiharbeitnehmern bei der Berechnung des Schwellenwertes von § 111 BetrVG angeknüpft, vgl. BAG, Urteil vom 18. Oktober 2011 ? 1 AZR 335/10, NZA 2012, 221.

Zwar vermeidet die Entscheidung des BAG damit Wertungswidersprüche beim regelmäßigen Einsatz von Leiharbeitnehmern, da die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nicht dadurch umgangen werden kann, dass über den Schwellenwert des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG hinaus Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Andererseits weitet das BAG damit den Kündigungsschutz auf Kleinstbetriebe erheblich aus. Sofern der gekündigte Arbeitnehmer im Prozess beweisen kann, dass Leiharbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz tätig sind, sind diese nunmehr für die Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 KSchG mitzuzählen. Somit kann die Entscheidung des BAG durchaus einen Stolperstein für die Arbeitgeber darstellen, die bislang stets davon ausgingen, dass in ihrem Betrieb das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet.

                                                           

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Ansprechpartner: Dr. Alexander Pfohl, LL.M., Rechtsanwalt, Schindhelm Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover